Donnerstag, 21. November 2019

"Swinging Bells" von René Freund


 
Keine Weihnachtskomödie


Wie sehr habe ich mich auf dieses Buch und eine richtig schöne leichte Weihnachtskomödie gefreut. Das Cover, der Titel, die Inhaltsangabe waren in dieser Hinsicht vielversprechend.

Ach ja das Missverständnis - die Quintessenz allen komödiantischen Schreibens! Es hätte so eine schöne Komödie werden können...hätte!

Die Situation ist die: Aufgrund eines Missverständnisses findet sich das Swingerpärchen Leo und Elisabeth bei dem verheirateten Paar Thomas und Sandra ein, die eigentlich nur ein Bett verkaufen wollten. Es ist Heiligabend. Was dann folgt, ist der Verlauf eines skurrilen Weihnachtsabends mit vielen verschiedenen Untertönen. Ja, durchaus auch humoristisch-augenzwinkernden, aber leider kam mit der Zeit immer mehr Pathetisches und Dramatisches dazu, das das Humorvolle ad absurdum führte.

Thomas ist Cheflektor eines österreichischen Verlags, weswegen er immer wieder darüber nachdenkt, welche Ausdrücke, Begriffe und Handlungselemente er seinen Autoren nicht "durchgehen lassen" (S. 46) würde. Das ist natürlich höchst amüsant weil metatextuell: dem realen Autor René Freund gehen nämlich genau all diese Sachen tatsächlich "durch" - das vorliegende Buch ist der physische Beweis! Das gefällt mir.

Thomas hat ebenfalls einen kleinen Gesundheitswahn und Angst vor schädlichen Stoffen, die er in jedem Essen, das nicht biologischer Herkunft ist, vermutet. Sandra hingegen ist genervt davon und das wiederum bringt Thomas auf die Palme. Das wäre auch ein guter Ansatzpunkt gewesen für eine Komödie.

Im Laufe der Handlung entsteht die paradoxe Situation, dass die beiden promiskuitiven Swinger Leo und Elisabeth zu den "moralisch Überlegenen" werden und auf die kleinkarierten Spießer Thomas und Sabine herabschauen. Die Swinger leben schließlich ihre Fantasien aus, während bei vermeintlich monogamen Paaren eine unterdrückte Lust gezüchtet würde, die letztendlich zu Fremdgehen, Lügen und Scheidung führe. Sex ist schließlich nichts so Großes, argumentieren die Swinger und Liebe solle davon unberührt betrachtet werden. Das monogame Paar steht also plötzlich als das Fragwürdige da.

Anders als René Freuds Buch "Liebe unter Fischen" konnte mich dieses Buch leider nicht begeistern. Ich hatte eine locker-leichte Weihnachtskomödie erwartet, bekommen habe ich bis auf ein paar kleine Schmunzler aber die hübsch verpackten Themen Betrug, Tod, Trauer und Verlust, gelegentlich durchbrochen von Schlüpfrigkeit. Der Autor kann sehr gut schreiben, allerdings bin ich weder mit den Figuren, noch mit der Handlung richtig warm geworden.

Das Buch weiß einfach nicht, was es sein will. Es ist nicht richtig witzig, aber auch nicht richtig ernsthaft-seriös. Für eine Tragikomödie nicht gut genug. Es könnte sein dass der Dramaturg Freund Stücke wie "Gott des Gemetzels" von Yasmina Reza im Hinterkopf hatte. Um diesem Vergleich stand zu halten ist "Swinging Bells" allerdings wieder viel zu zahm und klischeebehaftet. Vielleicht passt die Prosaform hier einfach nicht. Manche Dialoge und Situationen sind sehr szenisch. Als Film könnte ich mir dieses Prosastück auch gut vorstellen. Anschauen würde ich mir den Film trotzdem nicht.

Das Ende nimmt dann auch jedes Klischee im Vorbeigehen mit. Es ist schließlich Weihnachten.

Ich bedanke mich bei lovelybooks für die Leserunde mit Autorenbegleitung und bei den Hanser Literaturverlagen (Deuticke) für das Rezensionsexemplar!
Nähere Infos zum Buch: Link

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