Sonntag, 1. März 2020

"Das Haus der Frauen" von Laetitia Colombani



Voller Gefühl und Humanität


Dieses Buch ist einfach großartig, denn es geht zu 100 Prozent ans Herz. Ich habe das Debüt der Autorin - "Der Zopf" - noch nicht gelesen, werde das aber ganz sicher nachholen.

Solène, eine 40-jährige Anwältin aus Paris, fällt aufgrund des Suizids eines ihrer Mandanten und wegen der verflossenen Liebe zu ihrem Ex Jérémy in eine tiefe Depression. Dazu kommt ein Burnout, das es ihr unmöglich macht, ihren Beruf weiterhin auszuüben. Ihr Psychologe rät ihr zu sozialem Engagement, worauf sie sich etwas widerwillig einlässt. Sie bewirbt sich bei einem "Haus für Frauen", wo sie als "Öffentliche Schreiberin" tätig wird. Im "Palast der Frau" erledigt sie die Korrespondenz für die vom Leben gezeichneten Frauen, die hier Zuflucht gefunden haben.

Im historischen Teil, der parallel zur Geschichte von Solène erzählt wird, lernen wir Blanche kennen, die den “Palast der Frau” aus ihrem humanitären Engagement heraus in den 1920er Jahren gegründet hat. Blanche Peyron und ihr Mann Albin engagieren sich in der Heilsarmee und besonders Blanche nehmen die Schicksale der obdachlosen Frauen so sehr mit, dass sie ein Frauenhaus bauen möchte. Leider kostet das perfekte Gebäude mehrere Millionen Francs. Doch das stört die kämpferische, hoch intelligente und einfühlsame Frau nicht. Sie kämpft für die bedürftigen Frauen von Paris und wird schließlich reüssieren.
Blanche und Albin Peyron hat es tatsächlich gegeben, ihr Lebenswerk, der “Palast der Frau”, existiert noch heute.

Laetitia Colombani erzählt schnörkellos und mit viel Gefühl - eine wunderbare Mischung. An einigen Stellen im Roman sind auch bei mir alle Dämme gebrochen und ich musste weinen - Cvetanas "Brief an Elizabeth", die Geschichten von Binta und Sumeya, Cynthia, Viviane, Iris, Renée, Lily, etc., die Berichte von Blanche im historischen Teil. Die Frauen sind zwar fiktiv, ihre Geschichten stehen aber für so viel reales Leid, für das vielfältige Unrecht, das Frauen erdulden mussten und noch heute müssen. Sie alle zeigen exemplarisch, wie unfassbar ungerecht ein Leben verlaufen kann und dass es dennoch, trotz allem, Hoffnung gibt.

Die "beschädigten Biographien" gehen auch Solène nicht mehr aus dem Kopf und vor allem aus dem Herzen. Plötzlich steht ihr eigenes, allzu privilegiertes Leben auf dem Prüfstand. Kann sie sich aus ihrer Depression befreien und ein glückliches, erfülltes Leben führen? Und: Kann sie endlich ihren Traum, literarisch zu schreiben, ausleben?

Das Buch stellt das Thema Frauenschicksale in den Fokus und die Botschaft ist eindeutig politischer, gesellschaftskritischer Natur. Wir müssen integrieren statt abschieben, Brücken bauen statt sie einzureißen, empathisch und offen sein statt egoistisch und verschlossen. Dann funktioniert auch Gesellschaft, eine Gesellschaft, in der alle ein Zuhause haben und Frauen - wie die im Roman oft zitierte Virginia Woolf so schön und richtig sagte - ein "eigenes Zimmer".

Herzlichen Dank an den S.Fischer Verlag und lovelybooks für das Rezensionsexemplar!
Nähere Infos zum Buch: hier

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