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Montag, 16. April 2012

"Revolution" von Jennifer Donnelly


[Die nachfolgende Rezension beinhaltet ein paar Hinweise zur Handlung und könnte damit das Lesevergnügen beeinträchtigen.]
Dieses Buch ist für mich eine kleine Sensation! Einerseits ist es ein richtiges Teenager-Drama, leicht geschrieben, vollgepackt mit Welt- und Herzschmerz und einer tüchtigen Portion Popkultur! Andererseits ist es ein Beispiel, wie aktuell und spannend Geschichte sein kann, die immer wieder neu interpretiert und bis in die Gegenwart für uns Bedeutung zu konstruieren in der Lage ist.
Die Gegenwart eines unglücklücken Teenagers – auf künstlerische Weise verwoben mit den Ereignissen aus dem revolutionären Frankreich des 18. Jahrhunderts, so könnte die Überschrift lauten.
Eigentlich bin ich skeptisch bei Jugendromanen, weil ich mich mit meinen fast dreißig Jahren immer schwerer in die Psyche von Teenagern hineinversetzen kann, ihre Verliebtheiten und depressiven Stimmungen, die Streits mit den Eltern und das Gefühl der Nutzlosigkeit. Bei „Revolution“ ist es so, dass man Andi ihre „Moodiness“ von Anfang an zugesteht, sie ist motiviert denn die Geschichte mit ihrem Bruder (die immer nur angedeutet, erst zum Schluss auserzählt wird) ist einfach schrecklich und man kann sich vorstellen, wie sehr sie darunter leidet. Die melancholische Verstiegenheit der Protagonistin nervt also nur sehr selten.
Zum Plot: Diandra, genannt Andi, ist nach dem Tod ihres geliebten jüngeren Bruders Truman, für den sie sich verantwortlich fühlt, untröstlich. Sie vermag nur noch für ihre Musik zu leben (sie spielt leidenschaftlich gern Gitarre). Auf der teuren privaten Highschool in New York steht bald ihr Abschluss an und sie soll ihre Abschlussarbeit zum selbstgewählten Thema „André Malherbeau (ein fiktiver Komponist, der im Roman im Frankreich des 18 Jh. für Gitarre komponiert hat) und seinen Einflüssen auf andere Musiker bis heute“ bald abgeben.
Ihre Mutter, eine aus Frankreich gebürtige Malerin von Stillleben, ist vom Tod des Sohnes psychisch angegriffen und lebt in einer ganz eigenen Welt, in der sie nur noch Bilder des verstorbenen Kindes malt. Der Vater von Andi ist Nobelpreisträger für Genetik, beruflich extrem erfolgreich und kaum zu Hause. Weil Andi es nicht schafft sich selbst aus ihrem tiefen seelischen Tal zu befreien und immer wieder mit dem Tod kokettiert, nimmt ihr sonst wenig präsenter Vater sie für drei Wochen mit nach Paris, weil er dort mit seinem Studienfreund Guillaume (genannt „G“), Historiker und Star-Forscher über die Französische Revolution, ein Projekt ausarbeiten will.
Sie fahren nach Paris und dort bekommt Andi Einblicke in die Welt der Französischen Revolution.
Das Projekt: Andis Vater Lewis und „G“ wollen das Herz von Louis-Charles, dem Sohn von Louis XVI und Marie Antoinette erforschen, der mit 10 Jahren als Gefangener des Terrorregimes von Robespierre in Gefangenschaft starb. Es gab im Jahr 2000 tatsächlich genetische Untersuchungen, die die Echtheit des Herzens belegt haben.
Als Andi ein Bild von Louis Charles sieht ist sie geschockt: er sieht genauso aus wie ihr verstorbener Bruder Truman!
In einem alten Instrumentenkoffer  aus der Sammlung von Gil findet Andi ein Geheimfach, in dem sich ein Buch befindet und das Bild des Prinzen Louis-Charles. Das Tagebuch stammt von der  1795 damals 17 Jahre alten Alexandrine. Ihre Aufzeichnungen sollen der Nachwelt die Geschichte um das traurige Ende des französischen Thronfolgers zeigen. Die Gaukler-Tochter kam durch eine zufällige Aufführung ihrer Truppe vor der Königsfamilie dazu die Gesellschafterin des jungen Prinzen zu werden, der kurz zuvor seinen älteren Bruder verloren hatte und dadurch auch seine Fröhlichkeit. Alex erzählt von den Ereignissen der Revolution, die sie am eigenen Leib erfahren hat ….
In Paris versucht Andi ihre Abschlussarbeit voranzubringen, doch sie wird immer wieder abgelenkt-sei es vom Tagebuch Alexandrines oder dem jungen französischen Taxifahrer Vergil, mit dem sie die Leidenschaft für die Musik teilt. Immer mehr gerät Andi in den Strudel der Ereignisse, Gestern und Heute verquicken sich und plötzlich befindet sich die junge Frau an einem Ort, an dem sie nie sein wollte…
Der letzte Teil des Buches ist der eigentliche Höhepunkt – für meinen Geschmack. 
Das, was mich an dem Roman so fasziniert hat ist die originelle Verknüpfung  eines Teenagerschicksals mit der Historie und der äußerst interessanten Geschichte rund um Louis-Charles, den „verlorenen König von Frankreich“. Dass wir ohne Geschichte nicht wären was wir sind, das erzählt das Buch auf eindrucksvolle Weise - deshalb lohnt sich der Blick zurück!
Am Ende des Buches finden wir eine ausführliche Auflistung der von der Autorin benutzten Sekundärliteratur. Das ist prima für alle die wie ich weiter in die Materie eintauchen und noch ein wenig quer lesen möchten was es sonst noch über die Revolution, ihre Opfer und Täter sowie die ganze Zeit zu wissen gibt.

Meine Ausgabe:
Verlag: Bloomsbury Publishing
Erscheinungsjahr der Ausgabe: 2011
Erstausgabe: 2010
Seiten: 472
ISBN:  9781408801512
Deutsche Übersetzung: Das Blut der Lilie
Verlag: Pendo


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