Matt Rees hat einen Mozart-Roman
ohne Mozart geschrieben. Die Handlung spielt kurze Zeit nach seinem mysteriösen
Dahinscheiden mit 35 Jahren.
Mozarts Schwester Nannerl besucht
Wien kurze Zeit nach seinem Tod im Dezember 1791. Aus ihrer Perspektive
erfahren wir als Leser die Geschehnisse. Diese sind in Form eines Tagebuchs
festgehalten, das ihr Neffe Wolfgang (Mozarts Sohn) vierzig Jahre nach dem Tod
seines Vaters 1829 in Händen halten und so erfahren wird, warum er sterben
musste (Handlung des Epilogs).
Ich bin von dem Buch ziemlich
bewegt, denn es schafft wirklich eine unglaubliche Atmosphäre. Das Wien des
späten 18. Jahrhunderts wird dem Leser in einer intimen Weise nahegebracht. Die
Welt des Theaters bzw. der Oper zwischen Schein und Sein, die Politik und die
harten Realitäten eines Musikerlebens – das alles lebt auf in den Zeilen von
Matt Rees.
Nannerl kommt aus der
österreichischen Provinz, in der sie aus der Ferne miterlebt hat wie ihr Bruder
zum größten Musikgenie aller Zeit „aufgestiegen“ ist und das ohne das
gemeinsame Erbe, das der Vater aus Gram nur der Tochter zukommen hat lassen. So
plagten den lebhaften Mozart und seine Frau Constanze ständig Geldprobleme, die
u.a. durch Mäzene und Musikstunden kompensiert werden mussten.
Seit vielen Jahren haben sich die
Geschwister Mozart nicht mehr gesehen als plötzlich die Nachricht vom Tod
Mozarts seine Schwester ereilt. Sie macht sich auf den Weg nach Wien um zu
recherchieren. Zu wem hatte ihr Bruder Kontakt? Was spielen die Freimaurer für
eine Rolle in seinem Leben? Hatte er außereheliche Verhältnisse, die seine Ehe
ins Wanken brachten? Und was wollte Mozart in Berlin, am Hof des preußischen
Königs?
Auch wenn alles auf Mozart
bezogen ist , sein Geist durch ein Wien weht welches nun ohne sein großes Genie
weiterexistieren muss und es diesen Roman ohne ihn nicht gäbe: es ist auch ein
Buch, das seine Schwester, die Ich-Erzählerin, in den Vordergrund stellt. Über
sie, über die man wenig weiß, will Matt Rees berichten. Was mag diese Frau
gefühlt haben, die ebenso mit musikalischem Genie gesegnet war, es als Frau
aber nicht so weit bringen konnte wie ihr Bruder, der dann doch der Größere war?
Die frappierende Ähnlichkeit Nannerls mit ihrem Bruder wird immer wieder
thematisiert wird und auch als Handlungselement eingebaut.
Auch Weiblichkeit und Feminismus
spielt eine große Rolle im Roman. Wollte sich Mozart für die Gleichberechtigung
einsetzen? Wurde ihm seine Begeisterung für die Ideale der Französischen
Revolution zum Verhängnis?
Die Wien-Reise Nannerls nach Mozarts Tod ist reine Fiktion, allerdings
sind viele Tatsachen im Buch verarbeitet und nachprüfbar. Im Nachwort des
Autors erfährt der Leser was belegbar ist und was seiner Phantasie entsprungen.
Dieses Nachwort lohnt sich wirklich zu lesen, denn die Poetik dieses Romans ist
eine ganz besondere: sie ist musikalisch. Der Autor hat sich beim Aufbau seines
Romans die Musik Mozarts zum Vorbild genommen und so ist selbst die Struktur
von seinem Genie erfüllt.
Ich sage nur: bravo!
Meine Ausgabe:
Verlag: Corvus
Erscheinungsjahr der Ausgabe: 2012
Erscheinungsjahr der Ausgabe: 2012
Erstausgabe: 2011
Seiten: 291
Seiten: 291
ISBN: 9781848879171
Deutsche Ausgabe: Mozarts letzte Arie (C.H. Beck)
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