Ich liebe sogenannte Campus
novels, die in der angloamerikanischen Literatur seit „Lucky Jim“ von Kingsley
Amis eine gewisse Tradition erlangt haben, mein absoluter Lieblingsautor in
diesem Bereich ist David Lodge. In jedem Fall greife ich zu fast jedem Universitätsroman
und sicher werde ich in der Zukunft noch einige vorstellen. Was mich meistens an
diesen Büchern fesselt ist das Setting, ganz klar, die Hallen der Wissenschaft,
in der doch allzu oft die allzu menschlichen Intrigen gepaart mit persönlichen
Unzulänglichkeiten über die Bühne gehen.
Durch Zufall bei der
Internetrecherche bin ich auf den schottischen Autor Alexander McCall Smith
gestoßen, der auch eine Universitätssatire geschrieben hat – überraschender Weise
mit einem deutschen Professor im Mittelpunkt. Skurril genug möchte man meinen,
liefert Großbritannien selbst mit Oxford und Cambridge als den renommiertesten Universitäten
des Erdballs und auch mit seinen schottischen Eliteschmieden (Edinburgh, St.
Andrews) den optimalen Nährboden für die campus novel. Nein, für McCall Smith
musste ein deutscher Professor her, nämlich Prof. Dr. Moritz Maria von
Igelfeld, Professor für Romanische Philologie, genauer lusitanistische
Sprachwissenschaft in Regensburg. Obwohl, Cambridge kommt auch vor, denn dort
ist Igelfeld für ein halbes Jahr „visiting professor“ und muss sich erstmal mit
der englischen Eigenheit die Dinge nicht beim Namen zu nennen
auseinandersetzen. Das führt zu herrlichen Missverständnissen, die eigentlich
in jedem Kapitel bzw. Kurzroman um Igelfeld die zentrale Rolle spielen.
Es handelt sich also um
Situationskomik, angesiedelt im Universitätsmilieu.
„The 2 and ½ Pillars of Wisdom besteht aus
drei Kurzromanen, die im Englischen auch einzeln publiziert worden sind. Ein
vierter Kurzroman („The Unusual Uses for Olive Oil“) ist im letzten Jahr
erschienen. Im Deutschen gibt es meines Wissens nur diesen
Trilogieband mit dem deutschen Titel „Die verschmähten Schriften des Professor
von Igelfeld“, der allerdings momentan auch nur gebraucht zu haben ist.
Die Kurzromane sind in thematische
Unterkapitel geteilt, die episodisch angelegt sind. Chronologisch fortscheitend
erleben wir in jedem Kapitel einen Höhe- bzw. Wendepunkt im Leben und Wirken des
Prof. Dr. Moritz Maria von Igelfeld. Da geht es um seine Studienanfänge in
Heidelberg, die ersten sprachwissenschaftlichen Forschungen und
Auslandsaufenthalte und das wissenschaftliche Dasein in München und Regensburg –
alles Stationen, die ihn letztlich zum Autor des Standardwerks „Portuguese
Irregular Verbs“ machen (das allerdings nur eine Handvoll Menschen auf dem
Erdball überhaupt gelesen hat).
Neben unwilligen Lesern hat
Igelfeld mit seinem übereifrigen Kollegen Prof. Dr. Detlev Amadeus Unterholzer
zu tun, der ihm sein Büro und die Verfasserschaft von „Portuguese Irregular
Verbs“ neidet und Prof. Dr. Dr. (honoris causa) Florianus Prinzel, der er selbst
gern wäre.
Das Deutsche wird hier so
liebevoll persifliert wie es nur ein Brite kann. Das stehen zum Beispiel der
deutsche Dünkel mit seiner Titelvernarrtheit (die Vons und Zus, die Doktoren
und Professoren etc.) im Vordergrund wie auch deutsche Eigenheiten von
Überpünktlichkeit bis Bequemlichkeit.
An manchen Stellen habe ich sehr
gelacht, u.a. sind die Erlebnisse von Igelfeld im Vatikan und in Amerika sehr
empfehlenswert.
Fazit: der extrem trockene
englische Humor ist nicht für jedermann geeignet. Wer aber für diesen etwas übrig
hat und obendrein noch verwirrte Professoren und ihre Abenteuer mag und schon
immer mal wissen wollte ob der Kollege heimlich im eigenen Büro rumgeschnüffelt
hat wird an diesem Buch die reinste Freunde haben.
Hier geht’s zur Homepage des Autors.
Meine Ausgabe:
Erstausgabe: 2003
Seiten: 400
Seiten: 400
ISBN: 978-0349118505
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