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Samstag, 14. Dezember 2019

"Die Weihnachtsgeschwister" von Alexa Hennig von Lange


 
Driving home for Christmas…


"Die Hölle, das sind die anderen", heißt es in Jean-Paul Sartres Theaterstück "Geschlossene Gesellschaft". In "Die Weihnachtsgeschwister" von Alexa Hennig von Lange sind es ebenfalls immer die anderen, die die gemeinsame Weihnachtsfeier bei den Eltern einem Inferno gleichkommen lassen.

Die drei Geschwister Tamara, Elisabeth und Ingmar treffen am Tag vor Heiligabend zusammen mit ihren jeweiligen Kindern und Partnern im gemeinsamen Elternhaus ein. Statt einen gemütlichen Abend im trauten Beisammensein mit Ausblick auf das morgige Weihnachtsfest zu verbringen, eskaliert die Situation in einem Feuerwerk gegenseitiger Vorwürfe und Beleidigungen. Die Partner der Geschwister, Quirin, Siri und "der Neue" von Elisabeth, Holger, ergreifen mit den Kindern erstmal die Flucht ins Hotel. Ist das Projekt eines gemeinsamen Heiligabends in diesem Jahr gescheitert?

Hennig von Lange seziert ihre Hauptfiguren mit spitzen Fingern und legt deren Befindlichkeiten, Dämonen und seelischen Verletzungen frei. Die Intellektuelle Tamara, die in meinen Augen an einer narzisstischen Störung leidet, ist frustriert über ihr hohles Hausfrauendasein an der Seite eines männlichen Versorgers, der bei ihr schon lange kein Verlangen nach gegenseitiger körperlicher Zuwendung mehr weckt. Sie ist außerdem neidisch auf den beruflichen Erfolg ihrer alleinerziehenden Schwester Elisabeth, die zu allem Überfluss mit einem neuen Mann auftaucht, der perfekt in Tamaras Beuteschema passt. Von ihrem jüngeren Bruder Ingmar ist sie einfach nur angenervt, weil er mit seiner Weltverbessererattitüde scheinbar einen Nerv bei ihr trifft. Ingmar seinerseits steht kurz vorm Burnout und ist irritiert über Tamaras Aggressivität und ihre mangelndes Problembewusstsein zu den Themen Klimawandel, Umweltverschmutzung und Globalisierung. Die essgestörte Elisabeth hingegen trauert der gemeinsamen Kindheit und harmonischen Beziehung zu Ingmar nach.

Und am Ende gibt es dann doch wieder diese geschwisterliche Verbundenheit jenseits aller Animositäten. Ein Weihnachtswunder?

Den in Deutschland statistisch nur alle 10 Jahre vorkommenden Schnee an Heiligabend nutzt die Autorin, um den Kontrast zwischen der idyllisch-unschuldigen Umgebung und der dysfunktionalen Familiensituation zu illustrieren. Auch sonst arbeitet die Autorin viel mit Sprachbildern, die eine bestimmte Atmosphäre erzeugen.

Die pointierte und griffige Erzählweise von Alexa Hennig von Lange hat mir persönlich sehr gut gefallen. Hier wird nicht lange um den heißen Brei herum geredet (ganz symbolisch wird selbiger Brei von Elisabeth als "Extrawurst" für eins der Kinder vor der ersten Eskalation frisch zubereitet). Auch die relative Kürze des Romans tut der Geschichte gut - für mich hätte das Buch nicht länger sein müssen.

"Die Weihnachtsgeschwister" ist ein intelligenter Kurzroman darüber, wie sehr wir alle von unserer Herkunftsfamilie geprägt werden. Lesenswert!

Für dieses Rezensionsexemplar bedanke ich mich recht gerzlich beim Dumont Verlag sowie natürlich bei vorablesen.de!
Nähere Infos zum Buch: Link

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