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Freitag, 7. Februar 2020

"Marianengraben" von Jasmin Schreiber


 
Mayonnaise und grüne Wände


Der Tod und das, was er mit den Überlebenden macht, ist das Thema von Jasmin Schreibers Debütroman "Marianengraben".

Die Biologie-Absolventin Paula betrauert den Tod ihres zehnjährigen Bruders Tim, der im Meer ertrunken ist - Ironie des Schicksals, denn Tim liebte das Meer und seine Bewohner über alles, wollte sogar Meeresforscher werden. Bei einem nächtlichen Besuch am Grab des Bruders trifft sie auf den 83-jährigen Helmut, der die Asche seiner Freundin und Ex-Frau Helga ausbuddelt, um diese in Südtirol zu verstreuen. Die skurrile Schicksalsgemeinschaft begibt sich auf einen schicksalhaften Roadtrip.

Die Idee den Roman so zu strukturieren, dass die Ich-Erzählerin mit jedem Kapitel ein paar Meter mehr aus dem Marianengraben auftaucht - im übertragenen Sinne - finde ich gut. So finden Inhalt und Form zusammen. Die Erzählerin spricht ihren verstorbenen Bruder direkt an, was dem Ganzen eine besondere Intimität verleiht. Ich als Leser habe mich dadurch aber auch etwas fehl am Platz und teilweise wie ein Voyeur gefühlt, so als wären die Worte Paulas exklusiv für Tim und niemand anderen sonst bestimmt. So fehl am Platz wie Paula sich in Helmuts Elternhaus fühlt, als sie das ehemalige Zimmer seine Schwester betritt.

Das Buch hat mich - anders als viele andere Rezensenten - emotional nicht so mitgenommen. Es ist ein solides Buch über Tod und Trauer, aber für mich war es kein Highlight in diesem Genre. Viele Dinge waren mir zu bemüht und klischeehaft, die Erzählung oft zu pathetisch, die Bildsprache zu gewollt, die Sprache zu flapsig. Ich habe weder zu Paula, noch zu Helmut einen richtigen Zugang gefunden. Paulas Denkweise finde ich für eine Mitte bis Ende 20-jährige (?) Doktorandin stellenweise sehr jugendlich-naiv. Die Charaktere sind außerdem überzeichnet, ohne dass Satire oder Schwarzer Humor intendiert wären. Mal von der Ausbuddel-Aktion, vom Roadtrip und von Paulas Unfähigkeit, tagsüber auf den Friedhof zu gehen, abgesehen: Die Reaktionen der beiden Protagonisten auf den Tod des jeweiligen Verstorbenen sind - für mein Verständnis - einfach übertrieben. Die Autorin lässt Paula nach der Nachricht vom Tod ihres Bruders ein Glas Mayonnaise “mit den Händen” am Straßenrand essen, danach muss sie sich deswegen übergeben. Helmut geht nach Helgas Tod in den Baumarkt und streicht sein Schlafzimmer grün, obwohl er die Farbe eigentlich hasst. Ich weiß nicht, das hat für mich sowas von: Ich lasse die beiden jetzt etwas ganz Originelles tun, weinen und zittern kann ja jeder.

Dazu kommen noch Handlungselemente, die eben weniger originell sind: Die Adoption eines ungewöhnlichen Haustiers mit Federn, dem man einen lustigen Menschennamen gibt; Klischee-Traumberuf MeeresforscherIn; die Schicksalsgemeinschaft von zwei sehr unterschiedlichen Menschen (hier: junge Frau in Lebenskrise und grumpy old man), illegales Verstreuen der Asche eines geliebten Angehörigen…Die Koinzidenz mit den beiden Verlusten durch Ertrinken finde ich auch too much.

Wie gesagt: eine nicht ganz so begeisterte Stimme kann das Buch sicher vertragen und es ist ja auch nicht schlecht. Es hat mich persönlich einfach nur nicht umgehauen. Also "Marianengraben": It's not you, it's me!

Herzlichen Dank an den eichborn Verlag / Bastei Lübbe sowie die Bloggerjury für das Rezensionsexemplar!
Nähere Infos zum Buch: hier




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