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Mittwoch, 28. Juni 2023

"Kintsugi" von Miku Sophie Kühmel


"Kintsugi" steht schon lange auf meiner "Zu-Lesen-Liste". Nun habe ich es mir für den #pridemonth endlich vorgenommen. Eine Geschichte über ein Männerpaar um die vierzig aus Berlin, seit zwanzig Jahren ein Paar. Max ist Archäologieprofessor, Reik erfolgreicher Künstler - keine alltäglichen Berufe. Zusammen mit ihrem Freund Tonio und dessen Tochter Pega verbringen sie das Wochenende ihres Beziehungsjubiläums in ihrem Ferienhaus in Brandenburg.

Was mir am besten gefallen hat an diesem Roman ist die innovative erzählerische Form. Wir haben zwei auktoriale Erzählpassagen - am Anfang und am Ende. Danach folgen jeweils die inneren Monologe der vier in der Erzählung handelnden Personen. Und nach jedem Monolog folgt ein dramatisches Zwischenspiel. Vor allem Letzteres finde ich neben dem Perspektivenwechsel sehr spannend. Bis auf die dramatischen Passagen ist jedes Kapitel mit einem Begriff aus der japanischen Kultur überschrieben, der im Anhang erklärt wird.

Dieses Buch ist ein literarischer Bilderreigen mit einer sehr zurückgenommenen Handlung und viel Innenleben. Es ist poetisch, lyrisch, wortgewandt. Die üppige Sprache ist der Gegenentwurf zur minimalistischen Einrichtung von Max und Reik, Wörterregen und Metapherngebilde sind die Kontrapunkte der chaosfreien Umgebung. 

Über junge Liebe zu schreiben ist einfach, dankbar, selbstverständlich. Aber wenn die Liebe schon reifer ist, wenn zwei sich zu lange kennen um sich etwas vorzumachen, dann ist das schon schwerer in ein literarisches Paket zu packen. Nur verstehe ich nicht ganz, warum Tonio und Pega noch dabei sein mussten. Ihre beiden Stories fand ich dann doch etwas künstlich. Der alleinerziehende Vater, eigentlich Pianist und Max und Reik als "Ersatzväter". Erinnerte mich ein wenig an den Film "Drei Männer und ein Baby", nur dass das Baby jetzt eben eine erwachsene Frau und Psychologiestudentin ist.

"Kintsugi" ist ein wenig artifiziell, aber gleichzeitig auch genau auf den Punkt. Sprachlich spielerisch, aber formal gesehen clean und würdevoll, wie eine japanische Teezeremonie, bei der man aus durch Kintsugi vor dem Müll geretteten Teeschalen trinkt: Die Brüche in den Lebensgeschichten der Protagonisten werden zwar sichtbar, aber ohne diese Risse würden sie nicht so glänzen. Oder so in etwa. Ja, kann man machen, gute Idee, durchaus.


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