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Freitag, 6. Juni 2025

"The Darkest Night" von Victoria Hawthorne


Ich mag es, wenn Bücher schräger, überraschender, in irgendeiner Weise anders sind, als ich es von ihnen erwartet habe. Bei “The Darkest Night” von Victoria Hawthorne habe ich einen irgendwie feministischen Suspense-Mystery-Roman mit Hexen erwartet. Zwar habe ich den auch bekommen, aber zusätzlich einen eingeflochtenen queeren Histo. In der Verganenheitshandlung geht es nämlich um die Liebe zweier Frauen im ländlichen Schottland der 1910er Jahre. Die eine ist die Vorfahrin der Jetztzeit-Protagonistin Alisa Reid, die als lehrerin an einer Privatschule arbeitet und in ziemlicher Aufgebrachtheit (warum, erfahren wir erst nach und nach) von London in ihren schottischen Heimatort reist, um bei ihren Großeltern zu sein, die sie aufgezogen haben. Doch ihre demente Großmutter Moira ist verschwunden, ihr Großvater wird gerade mit einer Kopfwunde von einem Krankenwagen abgeholt. Was ist vorgefallen? Hat ihre Großmutter etwas damit zu tun?

Wir reisen also zwischen Gegenwart und Vergangenheit hin und her in diesem Roman, was ich persönlich sehr gerne mag. Der generationenübergreifende Konflikt - hier ist es ein “Fluch”, denn die Vorfahrinnen von Alisa wurden als Hexen an einem Felsen über dem Meer verbrannt - der alle Frauen der Geschichte verbindet, ist jetzt nicht mein Lieblings-Motiv. Dafür wurde es einfach zu oft schon durchgekaut: Mehrere Frauen über Generationen verbindet ein Geheimnis: eigentlich ein bisschen gähn! Doch hier wurde es eben mit dem interessanten queeren Twist ein wenig aufgepeppt, dementsprechend mochte ich auch die Geschichte von Elspeth und Selina, die eine der ersten Ärztinnnen im ländlichen Schottland war, am liebsten. Alisa als Protagonistin ist für mich etwas zu pathetisch rübergekommen und sie hat mich als Person auch nicht wirklich gecatcht. Ihren homosexuellen Onkel Doug, der als vielbeschäftigter Vater in einer Regenbogenfamilie mit seinen schwierigen Kindern und der darunter leidenden Beziehung zu seinem Ehemann hadert, mochte ich dann wieder sehr gerne. Er kam sehr lebensecht und sympathisch rüber, weil er eben nicht perfekt ist und das auch zugibt. Er ist einer der wenigen “angenehmen” Männer in diesem Buch, fast der einzige sympathische Hetero-Mann ist Alisas Opa, der “Pop” genannt wird. Und dabei wären wir auch schon beim Hauptthema des Romans: Die Ungerechtigkeiten, die Männer Frauen angetan haben und noch immer antun. Ja, ein hartes Thema, aber it is what it is. Den Schluss fand ich schon etwas unglaubwürdig, aber alles in allem ein gut zu lesender, düsterer Roman aus den schottischen Highlands. Man kann die salzige Meerluft und die erdigen Berge förmlich riechen - der Schauplatz ist ein großer Pluspunkt. Meines Wissens nach noch nicht auf Deutsch übersetzt.


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