Ursula Neeb hat die Doppelbegabung, die Autoren von
historischen Romanen zwingend benötigen damit ihre Romanstoffe lebendig werden
und nicht zur drögen Geschichtsvorlesung oder zum unglaubwürdigen Spektakel
verkommen: sie kann schreiben und sie kann recherchieren. Beide Talente führen
in Vereinigung dazu, dass der Leser eine unterhaltsame, kurzweilige Lektüre
erlebt und gleichzeitig faktisch etwas lernt.
Im Fall der „Hurenkönigin“ lernt der Leser vor allem etwas
über den Umgang mit Prostitution im Frankfurt des frühen 16. Jahrhunderts. Es
gibt eine Gildemeisterin der Huren, im Buch ist es Ursel Zimmer, die
„Hurenkönigin“. Ihr untersteht das „Frauenhaus“, was in der damaligen Zeit
nichts anderes als „Bordell“ bedeutete. Die Prostitution wurde als notwendiges
Übel geduldet, gleichzeitig waren die Huren aber gesellschaftlich nicht
anerkannt und mussten unter den „anständigen“ Leuten ein gelbes Schandgewand tragen.
Bigotterie ist ein großes Thema dieses Buches, in dem es viel um falsche
Vorstellungen von Moral und eine pervertierte Religiosität geht. Viel mehr will
ich über die Handlung nicht verraten als: Ursel Zimmer, die zum Zeitpunkt der
Handlung im Sommer 1511 seit 14 Jahren selbst keine „Hübscherin“ mehr ist, aber
dem Hurenhaus als Ansprechpartnerin, Freundin und Arbeitsgeberin der Frauen
vorsteht, bittet ihre Hure Rosi den letzten Freier des Tages noch anzunehmen
bevor sie die verdiente Nachtruhe antritt. Rosi willigt ein – kurze Zeit später
wird sie tot und verstümmelt aufgefunden. Die Zimmerin ist untröstlich und muss
sich trotz dem Halt, den sie durch ihren Lebenspartner, den Privatgelehrten
Bernhard von Wanebach und die anderen Huren erfährt mit der Wahrheit
konfrontieren: ein verrückter Mörder bedroht die Frauen. Als noch andere
Mädchen verschwinden und die „Lustseuche“ in Frankfurt umgreift steht ihr
Etablissement vor dem Aus. Sie will den Mörder um jeden Preis finden.
Die Handlung ist kurzweilig und unterhaltsam, geht aber
manchmal sehr an die Schmerzgrenze was Grausamkeit betrifft. Eigentlich nichts
für mich, aber hier hat es hineingepasst und man hatte teilweise beim Lesen das
Gefühl einen Film vor sich ablaufen zusehen. Die Handlung ist also sehr
dramatisch angelegt. Auch der Vorgängerroman von Ursula Neeb, „Die Totenmagd“
kommt im Buch zur Sprache, leider wird ein bisschen zu sehr auf den Ausgang der
Handlung von diesem Buch eingegangen, was für alle Leser die es noch nicht
kennen natürlich schlecht ist. „Die Hurenkönigin“ und „Die Totenmagd“ spielen
also chronologisch nacheinander im selben fiktionalen Universum.
Die Charakterzeichnung der Figuren fand ich sehr
ansprechend: Ursel Zimmer ist einem durch ihre aufgeklärte, bodenständige und
freundliche Art durchweg sympathisch, durch ihre Schwächen wird sie
dreidimensional und menschlich. Die Widersacher und Täter werden durchweg
durchtrieben dargestellt, was natürlich auch ins Bild passt.
Ursula Neeb ist eine sehr talentierte, bildgewaltige und
realistisch erzählende Autorin, die ich sehr schätze und der ich es auch gerne
mal verzeihe wenn die Handlung zu gruselige Züge annimmt.
Vielen Dank an den Ullstein-Verlag und vorablesen für das
Rezensionsexemplar.
Meine Ausgabe:
Verlag: Ullstein
Erscheinungsjahr: 2012
Erstausgabe:2012
Seiten: 400
ISBN: 978-3-548-28376-0
Das klingt nach einem Buch für mich - ich liebe ja historische Romane und Bücher, die die Stellung von Frauen in allen Zeiten behandeln. Danke für den Tipp!!
AntwortenLöschenEinen schönen Restsonntag wünsch ich dir.
Jacy
Hey, das freut mich aber dass dich das Buch interessiert!
LöschenDir eine schöne Woche und LG
Vicky
Danke für diesen Tipp, ich hab gerade in unserer Bücherei die historischen Romane entdeckt, angefangen hab ich mal mit der Wanderhure, kannte ich ja noch nicht, hab auch den Film nicht gesehen. Jetzt hab ich grad zwei neue Bücher daheim (eines von Ulrike Schweikert "Das Siegel des Templers" und von Brigitte Riebe "Die Hexe und der Herzog" dieses Buch spielt in Innsbruck :-))
AntwortenLöschenaber ich werde mir deinen Tipp aufschreiben und das nächste Mal danach stöbern.... bin mal weg von den Krimis und Thrillern.... :-)
Hey schön dass du mich hier besuchst :-)
Löschen"Die Wanderhure" habe ich auch hier rumstehen, aber noch nicht gelesen. Die Bücher von Ulrike Schweigert und Brigitte Riebe klingen gut, muss ich gleich mal ergoogeln ;)
Schön dass dich das Buch interessiert - es ist aber auch irgendwie ein Thriller/Krimi, es geht ganz schön zur Sache...
Schönen Abend noch!
Na dann interessiert mich das Buch noch viel mehr, da ich ja so ein großer Krimi bzw. Thriller fan bin... :-)
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