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Donnerstag, 25. Juli 2024

"Die einsame Buchhändlerin von Tokio" von Nanako Hanada


Soulfood in Buchform

“Man kann jemandem ein Buch nur dann empfehlen, wenn man die Person wirklich gut kennt. Genauso gut kann man ein Buch nur wirklich empfehlen, wenn man es selbst gelesen hat. ‘Bitte lies dieses Buch’, kann man nur sagen, wenn man den konkreten Grund kennt, warum es für das Gegenüber interessant sein soll.” (56)

Vorneweg: Ich bewerte “Die einsame Buchhändlerin von Tokio” von Nanako Hanada (aus dem Japanischen übersetzt von Sabrina Wägerle für Knaur) nicht, wie ich ein literarisches Werk rezensieren würde. Wir haben es hier nämlich nicht mit einem Roman, sondern mit einem autobiografischen Sachbuch in Erzählform zu tun, “leicht fiktionalisiert” (193), wie die Autorin im Nachwort sagt und ursprünglich als Essays in einem Webmagazin publiziert. Die begeisterte Resonanz hat schließlich zu der Buchpublikation geführt, die in Japan ein Überraschungserfolg wurde - mit über 60 000 verkauften Exemplaren und einer TV-Adaption.

Hierin erzählt die Autorin Hanada von ihrem “bookish Lifestyle", wenn man so will, also ihrem Leben mit Büchern. Es geht vor allem um die Zeit in ihrem Leben, in der sie nach der Trennung von ihrem Mann fremden Menschen, die sie über die Dating-App “Thirty Minutes” kennenlernte, speziell auf sie zugeschnittene Buchtipps gab. Ich kann mir vorstellen, dass “fiktionalisiert” in diesem Fall heißt, dass sie vor allem die Namen der Beteiligten geändert hat, auch wenn sie dies nicht ausdrücklich sagt. Schließlich sind ein paar der Männer (sie trifft sich aber auch mit Frauen) nur auf das Eine aus und wollen nicht wirklich Buchempfehlungen haben. Die Buchhändlerin und leidenschaftlich bibliophile Hanada beschreibt die Begegnungen mit verschiedenen Menschen auf sehr sympathische und einnehmende Weise. Das Lesen von Büchern ist eigentlich eine ziemlich einsame Angelegenheit. Aber hier führt Nanakos Affinität zu Büchern und Literatur dazu, ihre Schüchternheit zu überwinden und andere Menschen zu treffen, die natürlich wie wir alle ihre merkwürdigen Eigenheiten und liebenswerten Besonderheiten haben. 

Man erfährt im Text ganz viel über japanische Literatur - von Romanen über Sachbücher bis hin zu Lyrik und natürlich Manga, einem genuin japanischen literarischen Popkultur-Genre.
Von den meisten Bücher und Autor:innen, die Nanako in ihrem Buch empfiehlt und mit wenigen Worten beschreibt, habe ich noch nie etwas gehört. Die meisten sind Japaner:innen, nur ganz wenige westliche und mir bekannte Autor:innen sind dabei, wie z. B. John Krakauer, François Sagan und Kazuo Ishiguro. Von den auf Japanisch schreibenden Autor:innen wurden
die Buchtitel von Sabrina Wägerle ins Deutsche übersetzt. Eine Übersetzung der ganzen Bücher liegt aber - soweit ich gesehen habe - bei uns in Deutschland nicht vor. Dies ist natürlich etwas schade, denn so können alle, die des Japanischen nicht mächtig sind, die meisten von Nanokos Tipps nicht selbst lesen. Diese Tatsache bringt einem aber wieder einmal zu Bewusstsein, dass eine literarische Übersetzung immer noch etwas Besonderes ist, was längst nicht allen Büchern zuteil wird. Man stelle sich nur einmal vor, wie wenige deutschsprachige Bücher es gibt, die angesichts der Vielzahl an jährlichen Neuerscheinungen, in andere Sprachen übersetzt werden. Von daher ist es nicht verwunderlich, dass aus dem Japanischen so wenig übersetzt wird.

Nun also die Gretchenfrage, die beim Thema des Buches natürlich auf der Hand liegt: Ist “Die einsame Buchhändlerin von Tokio”, ein Buch, in dem es um Buchempfehlungen geht, auch selbst eine Empfehlung wert? Am Ende des Textes schreibt Hanada jedenfalls: “Vielleicht wird eines Tages mein Buch als Leseempfehlung von einer Hand in die andere wandern. Dann wäre der unendliche Kreislauf des Lebens vollendet. Gut, das ist nun ein wenig dick aufgetragen.” (S. 199) Ihr seht, der Text spielt durchaus mit Humor und Selbstironie und das hat mir das Ganze auch sehr sympathisch und nahbar gemacht. Als Büchnerd kann man sich mit Nanako, die alles liebt, was mit Büchern zu tun hat (vor allem auch Buchläden) ohnehin total identifizieren. Und alle, die überdies gerne Bücher empfehlen und rezensieren, werden einen zusätzlichen Mehrwert aus diesem Buch ziehen. Für Buchliebhaber:innen also ein “Must Read” und Soulfood in Buchform.

Herzlichen Dank an Droemer Knaur für das Rezensionsexemplar!

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