Freitag, 14. Juli 2023

"Der Pfau" von Isabel Bogdan


Bei den heißen Temperaturen derzeit habe ich einfach keine Lust auf schwere Kost - das betrifft auch die Lektüre. Deswegen habe ich zu "Der Pfau" von Isabel Bogdan gegriffen, was schon länger bei mir im Regal einfach schön vor sich hin stand. Erfreulicherweise spielt ein Großteil der Handlung in der kalten Jahreszeit (Ende November, aber SPOILER — es kommt zu einem Wintereinbruch mit großen Schneemengen) und ich konnte mich - zumindest gedanklich - etwas abkühlen. 

Der Roman heißt "Der Pfau" und dieser ist dann auch das Falkenmotiv (hihi, alle GermanistInnen/LiteraturwissenschaftlerInnen schmunzeln jetzt hoffentlich da Pun intended;-)) des Ganzen. Und da gibt es dann noch eine alte Gans und Hunde und überhaupt allerlei anderes Federvieh und Getier.
Aber bevor der Pfau da ist, sind da erstmal Menschen. Und zwar Lord und Lady McIntosh, er Altphilologe, sie Ingenieurin, die die Nebengebäude ihres baufälligen Herrenhauses in den schottischen Highlands aus finanziellem Interesse gerne vermieten. Sie halten sich seit einiger Zeit Pfaue, denn das ist schließlich ein bisschen schräg und schön und verrückt. Letzteres nimmt sich einer der männlichen Pfauen dann etwas zu sehr zu Herzen, indem er selbiges wird. Er knallt ganz schön durch und attackiert blaue Sachen.
Fehlen noch die (menschlichen) Gäste: Ein Teambuilding-Seminar mit Londoner Bankern soll stattfinden. Vier Banker, ihre Chefin, deren Hund, ihre Köchin und die Psychologin, die die Veranstaltung leitet, fallen in der wunderschönen Einöde ein. Leider hat die Chefin ein blaues Auto und die tragikomische Geschichte zwischen Mensch und Tier nimmt ihren Lauf.

Lakonisch und mit überakzentuiertem, aber keineswegs übertriebenem britischen Humor erzählt Isabel Bogdan eine zuweilen sehr skurrile Geschichte voller Missverständnisse, die ja meist die Grundlage des humoristischen Erzählens sind. Der Humor ergibt sich aus diesen Missverständnissen und der Dynamik zwischen den Personen. Genaues Beobachten aller Verhaltensweisen gehört außerdem mit zu dem amüsanten literarischen Päckchen, das Isabel Bogdan hier geschnürt hat.

Hut ab vor einer deutschen Autorin, die absolut "britisch" auf Deutsch schreiben kann. Ich habe diesen Roman sehr gern gelesen. Er ist kurzweilig und wer humorvoll und skurril gerne mag, dem/der sei dieses Buch absolut empfohlen.

Dienstag, 4. Juli 2023

"Gwen & Art are not in love" von Lex Croucher


Und wieder sind wir bei Lex Croucher. Deren Roman "Gwen and Art are not in Love", Crouchers Young Adult-Debüt, ist in einem alternativen englischen Mittelalter angesiedelt. In diesem ist Gwens Vater König von England. Er ist kein Nachfahre des mythologischen Königs Artus (engl. Arthur) und durch Unterstützer seiner dynastischen Linie auf den Thron gekommen. Da er aber die "cultists" braucht, also die, die an eine Wiederkehr des sagenumwobenen Arthurs glauben, möchte er, dass seine Tochter Gwen(doline) den Sohn eines "cultist" heiratet, nämlich den jungen Lord Arthur Delacey, genannt Art. Gwen und Art sind schon seit frühester Kindheit einander versprochen und etwa genau seit derselben Zeit "verfeindet". Sprich: Sie können sich nicht ausstehen. In einem typischen "Romance-Histo" würden sie im Laufe des Plots "from enemies to lovers" werden und alles wäre bonito. Wäre da nicht die Tatsache, dass Art Frauen zwar mag, aber eher so: "For strictly hands-free activities. Going to concerts. Book clubs. Turns about the hall."

Tatsächlich ist auch Gwen schon seit Jahren heimlich an jemand anderem interessiert und zwar an der einzigen RitterIN des Königreichs, Lady Bridget Leclair. Und dann ist da ja auch noch Gwens Bruder Gabriel, also der Thronerbe. Er hält sich aus der ganzen Heiratspolitik, die ihn betrifft, vornehm raus und versteckt sich lieber in seiner geliebten Bibliothek oder in der Falknerei von Burg Camelot, dem Schauplatz des Ganzen. Hat nicht nur sein Kater Merlin aka Lucifer ein Auge auf Art geworfen? 

Auf sehr unterhaltsame Weise setzt sich Croucher mit dem Konzept der romantischen - ritterlichen - Liebe auseinander, jeweils in den Konstellationen Frau-Frau, Mann-Mann sowie auch Frau-Mann (die unterstützenden Nebenfiguren Agnes&Sidney). Wilde Bettszenen, die über das Küssen hinausgehen, sucht man hier vergebens. Und das ist irgendwie erfrischend angenehm. Stattdessen gibt es jede Menge britischen Humor und witzige Dialoge. Und natürlich wird auch das Thema "Coming-out" auf behutsame Weise beleuchtet. Am Ende wirds dann nochmal richtig actionlastig und man bekommt "Game-of-Thrones"-Vibes. Ich habe es sehr gern gelesen, auch wenn ich nicht die YA-Zielgruppe bin.