Montag, 30. Dezember 2013

"Theatertod" von Thomas Schrage


Es gibt kaum einen professionellen Mikrokosmos, in dem die beruflich agierenden mehr mit Konkurrenzdenken und permanenter Ellenbogenmentalität konfrontiert sind als den des - staatlich subventionierten - Theaters. Man muss, vor allem als Schauspieler nicht nur mit dem essentiell zum   Berufsbild gehörenden Profil der eigenen Persönlichkeitsspaltung zurechtkommen, man muss auch ständig für die neue Rolle kämpfen und sich in dieser dann profilieren - man muss dem Regisseur und den Kollegen mit jeder Vorstellung erneut beweisen, dass man die einzig richtige Wahl war. Natürlich sind diese von ständigem Druck belasteten auch gleichzeitig meist in dem für sie befriedigendsten Beruf gelandet - Theatermacher & Schauspieler, das sind keine Jobs sondern Berufungen, die für diese Menschen meist einzig vorstellbare Tätigkeit.
Thomas Schrage, selbst langjähriger Theatermensch und Regieassistent, hat aus dem Themenbereich Druck und Mobbing am Theater einen intelligenten Regionalkrimi gemacht, der an - einem natürlich vom Personal her fiktiven - Kölner Stadttheater spielt. Eine neue Produktion, Kleists "Amphytrion", soll auf die Beine gestellt werden, bei der der allgemein verhasste, zu cholerischen Ausbrüchen und allgemeinem kapriziösen Verhalten neigende Schauspieldirektor Theo Fleischer Regie führt. Michael ist der Protagonist des Krimis (dessen immer mal wieder eingestreute Gedankenfetzen eine besondere Unmittelbarkeit erzeugen), ein junger Regieassisent, der in diesem Job, den er als Trittbrett zum eigentlichen Beruf des Regisseurs durchlaufen muss, vor sich hin dümpelt. Als "Mädchen für alles" einer Theaterproduktion müssen Regieassistenten ihre Augen und Ohren und natürlich auch Gedanken und Hände überall haben. Als der Schauspieler Peter Michael eines Abends sein Leid klagen will - er leidet unter Fleischer und dessen Anforderungen an ihn - ist der müde Assistent nur daran interessiert ins Bett zu kommen. Eine Sache, die er später bereuen wird...
Als die junge Studentin Sonja als Hospitantin wiederum die Assistentin von Michael wird kommt eine Person von außen dazu. Sie wird mit voller Wucht in den Theaterbetrieb integriert und muss erkennen, dass die Welt des Theaters eine ganz eigene, abgeschlossene und oft mit eigenen Gesetzen agierende ist.
Vor diesem Hintergrund spielt sich nicht nur die Tragödie "Amphitryon" ab, sondern auch die eines verzweifelten Kollegen, der von Michael tot aufgefunden wird. Verdächtige gibt es genug, aber war es überhaupt Freundverschulden? Michael recherchiert - mit Hilfe von Sonja - und muss immer tiefer in die charakterlichen und menschlichen Abgründe seiner Kollegen blicken - jeder gegen jeden oder einfach nur: Kriegsschauplatz Theater?
Weil ich selber schon mal Hospitantin an einem städtischen Theater war und das Theater in all seinen Facetten liebe, war ich natürlich umso gespannter auf diesen Regionalkrimi aus dem Theatermilieu. Ich muss sagen: er hat meine Erwartungen definitiv erfüllt, ich bin äußerst positiv überrascht von Plotführung, Personentableau und dem atmosphärisch dichten Setting. Auch wenn sich alles sehr auf die Perspektive von Michael konzentriert kommen die anderen Personen und die Krimihandlung niemals zu kurz. Vom Timing war ich besonders entzückt, man hat das Gefühl dass man als Leser die Proben zeitnah miterlebt und dass wie in der griechischen Tragödie eine Einheit von Zeit, Ort und Handlung vorliegt. Der Autor hat sich in jedem Fall über die Konvergenz von Form und Inhalt Gedanken gemacht, was ich absolut toll finde.
Eine runde Sache und gleichzeitig ein spannender Krimi, dem man jedem Krimi- und Theaterliebhaber absolut empfehlen kann. 

Ich danke hiermit Thomas Schrage für die Begleitung einer spannenden Leserunde bei Lovelybooks, bei denen ich mich auch für das Rezensionsexmplar bedanke. Ebenfalls beim Gmeiner Verlag für die Bereitstellung desselben.

Meine Ausgabe:
Verlag: Gmeiner Verlag
Erscheinungsjahr: 2013
Seiten: 437
ISBN: 9783839214398

Freitag, 27. Dezember 2013

Geschenkbuch "Sauviel Glück für dich" (Geschenktipp)

  Heute gibt es mal einen kleinen animalisch-literarischen Geschenktipp zum Thema Glück - schließlich befinden wir uns ja wieder "zwischen den Jahren".

Ich liebe Tiere und ich liebe Aphorismen, Sprüche, Zitate. Beide Leidenschaften zusammengeführt finde ich in sogenannten Spiralbüchern, also Büchern mit Spiralbindung zum Aufstellen, deren Motive (meist Fotografien mit Text) man je nach Laune wechseln kann.
Der Groh Verlag bietet eine riesen Auswahl solcher Bücher aus allen Themenbereichen. Ich besitze bereits "Just do it" (mit schwarz-weißen Tierfotografien) und nun ist noch "Sauviel Glück für dich" dazugekommen.
"Sauviel Glück für dich" widmet sich natürlich dem Thema Glück und kulturhistorisch wird das Schwein mit diesem Attribut verbunden. So finden sich im Aufstellbuch die unterschiedlichsten Fotografien von Schweinen (jungen und alten, dicken und dünnen, gestreiften und gepunkteten - und natürlich den rosafarbenen Klassikern, wilden und domestizierten.)
Zu jedem Foto gibt es einen kurzen (durchweg positiven, manchmal aufmunternden, gelegentlich einen Allgemeinplatz darstellenden, oft witzigen) Spruch, der zum jeweiligen Motiv passt.
Dazwischengeschaltet sind auf neutral bunten Seiten immer wieder Zitate von bekannten und berühmten, aber auch unbekannteren oder anonymen Autoren zum Thema "Glück". Also wenn man mal keine Lust auf Schwein hat kann man die einfache Spruchseite aufstellen.
 (Diesen Spruch von Fontane mag ich besonders, weil meine Mama ihn mir als Kind ins Poesiealbum geschrieben hat).
Das Spiralbuch hat ein handliches Format und nimmt nicht viel Platz weg. Mit 192 Seiten hat man auch genügend Abwechslung in der Motivauswahl je nach Laune bzw. getreu dem Motto "Welches Schweinderl hättens denn gern?"

Vor allem ist dieser Kalender ein prima Geschenk zum Jahreswechsel oder einfach mal so wenn man jemandem "Glück" wünschen will.

In diesem Sinne einen guten Rutsch und "sauviel Glück" 2014 für Euch alle!

Meine Ausgabe:
Verlag: Groh
Erscheinungsjahr: 2013
Seiten: 192
ISBN: 3848510758

Donnerstag, 19. Dezember 2013

"Ich kauf nix!" von Nunu Kaller


Wenn Blogs zu Büchern werden legt das meist Zeugnis ab von der Qualität und/oder Aktualität derselben. So auch im Fall von Nunu Kaller, die mit ihrem Blog "Ich kauf nix!" 2012 Furore machte und mit ihrem den Zeitgeist treffenden Thema immer mehr konsumkritische Leser und solche die es werden wollen anzog - so auch mich. Durch Suche im Internet nach den Themen "kein Kleiderkauf" und "Konsumdiät" landete ich auf dem Blog "Shoppingdiät" einer Münchner Moderedakteurin, die auch sehr bald Nunus Experiment ("Ich kauf nix!"), das um 15 Tage zeitversetzt war, verlinkte. Ich verfolgte beide Blogs mit großem Interesse, auf beiden wurde das Thema "1 Jahr ohne den Kauf von neuer Kleidung & Schuhen" auf unterschiedliche Weise verarbeitet. Nun gibt es "Ich kauf nix!" also als Buch, zumindest von der Vorgeschichte bis zum Ende des Experiments, denn der Blog von Nunu Kaller wird glücklicherweise weitergeführt - immerhin ist es auch interessant wie es nach dem Ende der "Diät" weitergeht und wie sich ihr Konsumverhalten geändert hat.
Konsumverhalten - das (war und ist) für Nunu K. aus Wien, Anfang 30, in einer Umweltorganistation tätig und mit einem lieben, aber nicht gern einkaufenden Freund gesegnet, das Reizwort. Zumindest fiel ihr Ende des für sie schweren Jahres 2011 auf, dass sie sich immer öfter neue Kleidung beim "Textilschweden" (ein schöner, von Nunu geprägter Neologismus für eine Kette, die wir alle kennen) & Co. gekauft hat - um sich abzulenken, zu belohnen oder einfach so weil es auf dem Weg von der Arbeit nach Hause lag. Kleidung ist in der heutigen Zeit immer mehr zur billigen Massenware verkommen, die wir schnell konsumieren und schnell wieder in die Verwertungskette ausscheiden. Qualität war gestern - scheinbar. Dass ein Umdenken erfolgen muss und man wieder hin zum "weniger ist mehr und hält länger" sollte hat sich Nunu nun gedacht und beschlossen ab dem 16.01.2012 (ein Urlaub in Spanien mit Zugang zu reduzierten Klamotten vom "bunten Spanier", ebenfalls ein Nunu-Neologismus, hat verhindert, dass sie nicht am 1.1. damit angefangen hat) für ein Jahr keine neue Kleidung mehr zu erwerben. Für manche vielleicht ein Kinderspiel, für einen "Shopaholic" eine große Herausforderung (scheinbar).
Nunu Kaller schafft es mit ihrer tagebuchartigen "Chronik des Verzichts" den Leser zu informieren und gleichzeitig zu unterhalten. Sie erzählt einerseits - mit viel ihr eigenem Wiener Schmäh - ihre eigene, privilegierte Situation als Konsumentin, die es sich leisten kann zu kaufen - und eben nicht (mehr) zu kaufen, von ihren Erfolgen, D(o)I(t)Y(ourself)-Versuchen und Rückschlägen und streut immer wieder das ein, was sie für sich in dem Jahr des Konsumverzichts recherchiert hat. Da geht es dann natürlich vor allem um die menschenunwürdigen Zustände der Näherinnen in Asien, um die schlechte Situation der Baumwollbauern und um das, was wir mit unserer Kauf- und Wegwerfmentalität anrichten und welche Auswirkungen dieser ganze Kleiderkreislauf auf Mensch, Tier und Umwelt hat. Auch um die Alternativen geht es, denn Nunu will neben ihrer Eigenenproduktion von Kleidung nach dem Jahr weiter konsumieren - aber öko und fair und nur noch dann, wenn sie wirklich etwas braucht (was ihr sympathischer Weise im Fall von Schuhen, besonders braunen Stiefeln, sehr schwer fällt).
Im Grunde kann man dieses Buch allen empfehlen die Zuviel im Schrank haben, zu oft beim "Textilschweden" kaufen, aber eigentlich auch allen anderen, die wieder hin zur Qualität und weg vom Konsumwahn wollen! Eigentlich kann man dieses Buch allen kritischen KonsumentInnen (und solchen die es werden wollen), PartnerInnen von Shoppingmuffeln, Wienaffinen und "tolle Sachbücher im Tagebuchstil-Mögenden" empfehlen - und allen anderen auch!

Ich bedanke mich recht herzlich bei Lovelybooks für die Leserunde (mit der bezaubernden Nunu Kaller selbst) und das Leseexmplar sowie beim Verlag Kiepenheuer & Witsch für ebendieses.

Meine Ausgabe:
Verlag: Kiepenheuer&Witsch
Seiten: 271
Erscheinungsjahr: 2013
ISBN: 978-3-462-04589-5

Montag, 16. Dezember 2013

[Teeecke] Cuppabox November 2013 und Alnatura Teeadventskalender


Heute kommt die Vorstellung der aktuellen Cuppabox wieder etwas verspätet, aber ich halte das ja meistens so, da ich die Tees vorher ausführlich testen möchte. Natürlich kommt in diesem Monat noch dazu dass man vor Weihnachten nicht nur die angebrochenen Weihnachtstees vom letzten Jahr aufzutrinken hat, sondern auch noch diverse Tee-Adventskalender zu probieren... Ich habe diesen Monat nur einen und komme schon kaum hinterher. Es ist dieser hier, von Alnatura:

Enthalten sind so ziemlich alle Beuteltees die Alnatura im Sortiment hat. Leider sind die überwiegende Anzahl Kräuterteemischungen, die einen sehr "gesunden", also Arzneiteehaften Geschmack haben. Das ist leider nicht so mein Fall. Die einzige Kräutermischung die mir sehr gut geschmeckt hat, weil eben ausgewogen und erfrischend kräuterig ist der "Bergkräuter Tee" aus Türchen 1, den ich empfehlen kann. Aber es ist eine tolle Möglichkeit mal Tees auszuprobieren (was ich ja gerne tue) und nicht Gefahr zu laufen eine angebrochene Packung von einem Tee zu haben der einem nicht mundet.

So, nun zur Cuppabox November. Diesen Monat ging es um die Marke Tea & More aus München.

Eine Marke, die mir schon vom Namen und "Am Geschäft vorbeilaufen" bekannt war, da ich in München lebe. Ich werde in Zukunft wohl auch mal den Laden betreten, denn die Tees haben mich überzeugt. Schön ist, dass die Marke "Tea & more" biozertifiziert ist und dementsprechend viele Tees in Bio-Qualität anbietet.

Folgende drei Tees hatte ich in meiner Box:

Grüner Tee Florida Orange

Bei Florida denkt man zwar einerseits an Sonne, andererseits aber an Orangen, die bei uns im Winter und auch an Weihnachten ja bekanntlich Hochsaison haben. Also passt der Tee absolut in die Vorweihnachtszeit, finde ich. Wenn man ihn öffnet entströmt der Duft von einem Orangenhain - ich liebe Orangenduft und erst recht an Weihnachten. Das beste daran ist dass sich das intensive Orangenaroma im aufgebrühten Tee hält und man wirklich ein Genusserlebnis beim Trinken hat. Der Tee ist mein absolutes Geschmacks- und Geruchshighlight in dieser Box! Toll!

Schwarzer Tee - Darjeeling Rarität - FTGFOP Second Flush

Dieser "Finest Tippy Golden Flowery Orange Pekoe" (das bezeichnet die weltweit beste Teequalität) ist sicherlich auch ein absolutes Schwarzteehighlight aus der Cuppabox. Ein "Cuvee" (den Begriff kennt man aus dem Weinjargon, aber er ist auch bei Tee gebräuchlich), also eine Mischung von den Premiumgärten Darjeelings (Second Flush) ist durchaus etwas ganz besonderes. Er schmeckt auch dementsprechend edel und sehr würzig - ein absoluter Hochgenuss für mich. Sicher nicht etwas was man sich jeden Tag gönnen würde, aber ab und zu dann doch.

Schwarzer Tee (Bio) China Black Sencha
Auch der dritte (und einzige Bio-) Tee in meiner Box muss sich nicht verstecken, denn auch über diese Sorte stolpert man sicher nicht alle Tage. Ein Black Sencha, also ein Grüntee, der fermentiert und zu Schwarztee wurde - hier war ich besonders gespannt. Er schmeckt wie ein voller kräftiger Schwarztee schmecken sollte - aromatisch und intensiv. Auch hier bin ich absolut begeistert und vergebe allein für die Idee so einen Tee anzubieten 5 Sterne!

Das Gimmick:
"Toffee Popcorn" von Teeland

Wow, 100 Gramm Tee als kostenlose Beilage, das gab es noch nie und ist richtig toll (natürlich nur für die, die Schwarztee/Oolongtee mögen so wie ich). Aber allein die Tatsache eine Großpackung Tee beizulegen finde ich ein Statement und einen guten Schritt in die richtige Richtung.
Der Tee an sich ist sehr lecker, malzig und schmeckt (und riecht) wirklich nach Popcorn.
Einzig den Klebeverschluss finde ich suboptimal, da er bei wiederholtem Öffnen an Kraft verliert und man dann etwas anderes braucht um den Tee richtig zu verschließen.
Die grellbunte Verpackung spricht natürlich für sich und auch die Zutaten haben es in sich:
"Tee, Papayastücke, Apfelstücke, Oolong-Tee, natürlich gefärbtes Zucker-Konfetti, Invertzucker, Glukosesirup, färbende Pflanzenextrakte: Saflor, Algen, Rote Beete, Zitronensaftkonzentrat, Aroma, Macadamianüsse, Mandeln, Popcorn"
Ein tolles Gimmick wie ich finde, weiter so!

Nachbestellung:
Rotbuschtee Vanillekipferl

Weil ich einen weihnachtlichen Tee wollte, habe ich mir diesen hier aus der Oktoberbox bestellt: Rotbusch mit Vanillekipferlaroma von Nibelungentee. Das Aroma ist wirklich der Wahnsinn, leider muss ich sagen dass im aufgebrühten Tee nichts davon übrigbleibt und man einfach nur einen simplen Rotbuschteegeschmack - und -duft hat. Schade.

Fazit:
Eine wirklich tolle, aufregende Box mit einer interessanten Marke, die ich in Zukunft verfolgen werde. Ich habe neue Tees kennengerlernt und meinen Geschmack verfeinert. Toll sind auch die weihnachtlichen Muster auf den Teepackung von Tea&More. Auch das Gimmick - 100 Gramm Tee - zeigen, dass Cuppabox gelernt hat und seine Abonnenten zufriedenstellen will bzw. auch deren Anregungen in die Tat umsetzt! Hut ab und frohe Weihnachten Cuppabox!

Mittwoch, 11. Dezember 2013

"Lord Stonevilles Geheimnis" von Sabrina Jeffries


Historische Regency-Romane, also solche, die nicht während der Regency-Zeit, sondern eben in unserer Zeit geschrieben worden sind, sind ein Phänomen und erfreuen sich einer großen (v.a. weiblichen) Leserschaft. Warum nur, möchte man sich fragen, möchte man dem hundertsten Lord Sowieso qua Lektüre zusehen wie er sich auf 300 Seiten distanziert und doch nahbar gibt bis er endlich die begehrte Herzensdame von niederem Stand geehelicht hat. Schließlich kommt ja auch nichts an das Vorbild Jane Austen heran - ihre 6 erhalten gebliebenen Romane sind das Nonplusultra wenn es um die Darstellung der englischen Landadelswelt im frühen 19. Jahrhundert und deren Heiratspoltik geht, die sich vor allem auf Bällen in englischen Herrenhäusern abspielt. 
Während im angloamerikanischen Raum solche Romane meistens mit äußerst kitschigem 80er Jahre-Cover präsentiert werden auf denen in grellen Farben meistens ein gemaltes Paar im Wind steht (wobei der oftmals langhaarige Herr ein weißes offenes Hemd trägt), mögen es die deutschsprachigen Leser solcher Romane etwas dezenter, meist mit einer in Regency-Kleidung abgebildeten Frau (freilich von hinten bzw. ohne erkennbares Gesicht). Der Lyx-Verlag bringt die Bücher dieses Genres in einer hochwertigen Aufmachung mit Klappenbroschur raus, auch das Cover sieht edel aus und der Leser denkt sich bei dem Anblick einer solch hochwertigen "Verpackung" sicher: das ist bestimmt ein gutes Buch. 
Nun ja, ob die Bücher von Sabrina Jeffries als "gute Literatur" zu bezeichnen sind ist freilich Ansichtssache. Ich würde sagen, die im Original sechsteilige Reihe um die 5 Adelsgeschwister von "Halstead Hall", deren erster Teil "Lord Stonevilles Geheimnis" ist, ist eher als klischeehaft und Erotikzentriert zu betrachten. Der Anfang des Romans hat mir noch ganz gut gefallen, es wurde mit einigem Witz und auch einer Portion Dramatik die Situation der Sharpes ausgeführt. Die 5 Nachkommen der Dynastie Sharpe inklusive des Erben des Titels eines Lord Stoneville, Oliver, die seit zwei Jahrzehnten keine Eltern mehr haben, werden von ihrer bürgerlichen Großmutter mit einem Ultimatum beglückt: entweder jeder von ihnen heiratet binnen eines Jahres oder sie werden enterbt. Gut dass just in diesem Moment die attraktive Amerikanierin Maria in London aufschlägt - sie sucht nach ihrem Verlobten, der in England Geschäfte machen wollte und nicht mehr aufgetaucht ist. Lord Stoneville macht mir ihr einen Deal: er will dass sie seiner Familie die Braut vorspielt - zunächst... Natürlich entwickeln die beiden eine verhängnisvolle Leidenschaft füreinander, aber Lord Stoneville macht Maria deutlich, dass er kein Mann für die Liebe ist... Maria versucht ihn zu verändern - und blickt dabei immer mehr hinter die Kulissen der Familie und entdeckt sogar das dunkle Familiengeheimnis...
Aus diesem Stoff hätte man viel machen können - prekäre Situationen innerhalb von "Halstead Hall", Eavesdropping-Szenen, noch viel Handlungselemente, in denen die Standesunterschiede thematisiert werden. Leider kommen diese Themen viel zu kurz und es zentriert sich alles um die Beziehung von Oliver Sharpe und der Amerikanerin Maria, die einfach nur ständig miteinander ins Bett wollen. Ach ja und das dunkle Familiengeheimnis, das den mysteriösen Lord verfolgt, gibt es ja auch noch...
Obwohl der Anfang nicht schlecht war ist der Roman, wie mir scheint, einfach dazu da das Verlangen nach Erotikszenen beim Leser zu stillen...die - sehr klischeehafte - Handlung baut sich um diese Szenen herum auf. Wahrscheinlich ist dieses Genre überhaupt deswegen enstanden, weil derartige Szenen in echten Regency-Romanen ausgespart sind (und das ist auch gut so). Natürlich sind solche Romane vorhersehbar, aber wenn es wenigstens gut geschrieben wäre wäre das ja nicht so tragisch. Der Plot neigt zu unfreiwilliger Komik - wer solche Art von sinnfreier pseudohistorischer Unterhaltung mag (ich mag sie manchmal, aber in diesem Fall nicht), der kann ja mal einen Blick in das Buch bzw. die ganze Reihe riskieren. Vielleicht wird die Handlung (jedes Buch ist einem der Geschwister gewidmet) in den folgenden Büchern besser, man soll die Hoffnung ja nie aufgeben... Vielleicht sind die Charaktere der anderen Geschiwster (eine Romanautorin, eine "ungezogene" Lady die gerne schießt) interessanteres Material als der platte "Ich kann nicht anders, ich muss die Frauen verführen, aber ich kann nicht lieben und ich bin dark und brooding"-Lord Stoneville.
Aber die Aufmachung des Buches ist wirklich schön...

Meine Ausgabe:
Verlag: Egmont Lyx
Erscheinungsjahr:  2012
Original: The Truth about Lord Stoneville (2010)
Seiten: 400
ISBN: 3802586735

Montag, 2. Dezember 2013

"Die geheime Braut" von Brigitte Riebe


Wittenberg 1528: Die beiden Nonnen Susanna und Binea sind auf der Flucht. Nachdem im Zuge der Reformation immer mehr Klöster geschlossen werden verlieren auch die beiden ehemaligen Nonnen ihr sicheres Refugium und versuchen gemeinsam eine neue Bleibe, eine neue Aufgabe zu finden bzw. sich überhaupt erstmal durchzubringen. Bei einem versuchten Diebstahl treffen sie auf den jungen Maler Jan Seman aus der Werkstatt von Lucas Cranach, dem berühten Maler der deutschen Renaissance. Er bringt die beiden nach Wittenberg, wo sie zunächst als Mägde bei der nicht minder berühmten Familie Luther anfangen können. Luthers Frau Katharina von Bora weiß sich als ehemalige Nonne mit dem Schicksal der Frauen zu identifizieren und nimmt sie im "Schwarzen Kloster" auf, das der Kurfürst den Luthers wenige Jahr zuvor überlassen hatte. Auch Lucas Cranach, Ratsherr und viel beschäftigter Maler, bekommt die Reformation zu spüren. Nachdem "Heiligenbilder" kaum noch gefragt sind konzentriert sich der Maler mit seiner Werkstatt vermehrt als Hofmaler auf den Adel und nimmt sonstige Auftragskunst an, auch die griechische Mythologie ist wieder en vogue. Eines Tages ereilt ihn ein besonderer Auftrag von einem maskierten Mann. Er soll die drei Grazien, die Töchter des Zeus (Aglaia, Thalia & Euphrosyne) auf einem Gemälde vereinigen. Zunächst eine einfach erscheinende Aufgabe, die allerdings an eine Bedingung geknüpft ist. Real existierende Frauen müssen ihm nackt Modell stehen, nach und nach soll er erfahren, wer die Frauen sind. Als erstes soll Aglaia portraitiert werden - und Jan Seman, der bei Frauen beliebt ist, bekommt die Aufgabe die Frauen davon zu überzeugen sich nackt malen zu lassen...
Im Wittenberger Frauenhaus bekommt derweil die Hurenwirtin Griet Besuch von ihrem unangenehmen Patron. Außerdem nimmt sie ein junges Mädchen bei sich auf, das ihre Eltern verloren hat. Die kecke Marlein wächst ihr ans Herz - soll sie sie tatsächlich als Hure bei sich arbeiten lassen?

Zunächst muss ich sagen dass dieser Roman einen perfekt symmetrischen, fast schon klassischen Aufbau hat. Form und Inhalt stimmen also perfekt überein und das trägt zum positiven Leseerlebnis absolut bei. Dass das besagte Gemälde auch noch vorn und hinten in sehr guter Qualität abgedruckt ist, ist ebenfalls sehr hilfreich, denn man schaut beim Lesen doch ganz gerne mal nach und hat dann ein Aha-Erlebnis wenn man das Beschriebene im Bild vorfindet.

Die Charaktere und handelnden Figuren sind von der Anzahl genau richtig für die Krimihandlung, die sich nach und nach entwickelt.
Es mischen sich fiktive Figuren (Susanna, Binea, Jan Seman, Griet...) mit historischen Persönlichkeiten (der Kurfürst und seine Frau, Luther, Katharina von Bora, Cranach, Melanchthon...), was den besonderen Reiz des Romans mitunter ausmacht. Dabei ist auf Seiten der historischen Persönlichkeiten nichts "weit hergeholt". Wie die promovierte Historikerin Brigitte Riebe im Nachwort schreibt sind die Schicksale der Nonnen in dieser Zeit oder das Vorhandensein eines Frauenhauses in Wittenberg geschichtliche Realität. 

Was mich am meisten begeistert hat war die Atmosphäre, die Brigitte Riebe erzählerisch heraufbeschwört. Das Geheimnisvolle (wie schon im Einstein-Zitat als Motto) schwebt über der Handlung, die überaus realitätsnah, fast schon filmisch, vermittelt wird. Man ist als Leser so mittendrin, dass man sich seber im dunklen Schloss des Kurfürsten, den geheimnisvollen Auftraggeber belauschend, wähnt oder den Geruch wahrnimmt, den die Lebzelterin mit ihren Kerzen und Lebkuchen erzeugt. Auch ist die Reformation überall zu spüren und dass sie es paradoxer Weise nicht geschafft die Welt zu entzaubern (wie es im Nachwort heißt), sondern im Gegenteil bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts ein verstärkter Volksaberglaube zu herrschen schien.
Die Abwesenheit des katholischen Prunks stellt eine Leere her, die umso geheimnisvoller erscheint, man hat ständig das Gefühl: da war doch etwas, hinter all dem neuen, Gottesfürchtigen "Nichts" steht ein riesen Fragezeichen... Das Wittenberg dieser Zeit ist ein wirklich toller Schauplatz, den ich noch nirgends so eindrücklich beschrieben gefunden habe.

Rundherum kann ich sagen dass "Die geheime Braut" ein rundum gelungener historischer Roman mit Krimielementen ist, dem ich nur jedem ans Herz legen kann und der mir immer in Erinnerung bleiben wird.


Ich möchte mich hiermit bei der Leserunde auf Lovelybooks und der überaus sympathischen Brigitte Riebe bedanken, die rege daran teilgenommen hat. Herzlichen Dank auch an den Diana Verlag für das Leseexemplar, ein rundum gelungenes Buch!

Meine Ausgabe:
Erscheinungsjahr: 2013
Seiten: 445
ISBN: 978-3-453-29134-8

Der vorablesen-Adventskalender - mein Gewinn!

Heute wollte ich mich mal wieder bedanken und zwar bei vorablesen.de! Nicht nur dass man immer wieder tolle Bücher kostenlos vorablesen kann, nein, es gibt auch jedes Jahr einen Adventskalender, bei dem man tolle Preise gewinnen kann. Ich bin seit 2010 bei vorablesen.de angemeldet und habe jedes Jahr mehr oder weniger regelmäßig beim Adventskalender mitgemacht. Dieses Jahr habe ich das erste Mal gewonnen - und zwar bereits beim 1. Türchen. Der Kalender startet meistens schon einige Tage vor dem 1. Dezember und so dufte ich bereits am 27. 11. das erste Türchen öffnen, bei welchem ich auch prompt Folgendes gewonnen habe:


- den "Bastel-Adventskalender" von ars edition
und
- "Wer Wind sät" von Nele Neuhaus

Beides hatte ich noch nicht - umso mehr habe ich mich über diesen Gewinn gefreut!
Ich bedanke mich herzlich bei vorablesen.de und natürlich ars edition und Ullstein für die Preise!

Versucht doch auch mal Euer Glück beim vorablesen-Adventskalender. Auch wenn man nicht sofort gewinnen sollte lernt man beim Beantworten der Frage vielleicht ein schönes neues Buch kennen.

Habt einen schönen Advent oder eine schöne kommende Zeit!