“Das ist fast die beste Zeit. Dann - wenn Weihnachten vorüber ist. Wenn alle Erwartungen und Ansprüche und Gäste und feinen Kleider und Geschenke abgehakt sind. Erst dann kann man nach einem hektischen und anstrengenden Monat endlich entspannen.” (S. 338f.)
Der Stress vor Weihnachten - für viele von uns ein bekannter, aber eher unliebsamer, jedes Jahr wiederkehrender Gast. Eine wie von Zauberhand immer länger werdende Liste, die abgearbeitet werden will. Auch ich kann mich jetzt endlich hinsetzen und ein bisschen schreiben, zum Beispiel diese Rezension hier. Das Buch “Ein Geschenk kommt selten allein” von Birgitta Bergin mit dem Untertitel “Der etwas andere Weihnachtsroman aus Schweden” sollte eigentlich mein Adventskalenderbuch werden. Schließlich hat es 24 Kapitel, die zum Ende hin immer kürzer werden. Allerdings kamen die besagte Liste und andere Bücher dazwischen, so dass ich den Großteil des Romans erst kurz vor Weihnachten gelesen habe.
Es geht hier um die 51-jährige - finde ich gut, mal eine "ältere" Protagonistin - Amy Strandberg aus Göteborg. Sie arbeitet freiberuflich als Werbetexterin und lebt mit ihrem Mann Melker und ihrer 22-jährigen Tochter, die momentan als Kellnerin jobbt, zusammen, der Sohn, ein Banker, ist bereits ausgezogen. Amy hat gerade bei einem kleinen schwedischen Verlag ihr erstes Buch veröffentlicht - einen klassischen Kriminalroman. Doch ihr Buch verkauft sich nicht sehr berauschend, weswegen sie ständig auf Social Media abhängt, um es selbst zu promoten. Es kommt wie es kommen muss - mit der Adventszeit explodiert Amys Leben zu einem einzigen Chaos: Die Küche ist eine Baustelle, ihre Tochter findet einen neuen Lebenspartner (Veganer) und ein abbruchreifes Kommunen-Haus, ihr Mann kommt vor lauter Langlauf-Training und Arbeit nicht zum Renovieren der Küche, ihre beste Freundin hat eine Affäre mit einem Ekelpaket und ja, da ist dann noch die Sache mit ihrem Krimi, wo sich zunächst ein echter Plot-Twist abzuzeichnen scheint…und das alles kurz vor Weihnachten, für dessen Vorbereitung Amy dieses Jahr so gar keine Zeit mehr hat.
Was dieses Buch wirklich gut macht, ist, das ganze Weihnachts-Mental-Load einer einzelnen Person gebündelt darzustellen. Natürlich sind wir alle unterschiedlich in unserer persönlichen, familiären und beruflichen Situation. Aber alle, die schon mal Weihnachten gefeiert haben, werden sich hier auf irgendeine Weise wiederfinden.
Das war dann auch leider schon das Positive. Die Geschichte liest sich ziemlich zäh und hat einige Längen. Es werden immer wieder die gleichen Themen durchgekaut, nur eben in immer anderen Personenkonstellationen (z.B. Amy klagt ihr Leid ihrem Sohn, ihrer Tochter, ihrer besten Freundin, ihrem Mann, ihrer Mutter, etc.). Auch die meteorologische Situation - es schneit quasi den ganzen Advent lang durch - benutzt die Autorin als Handlungselement. Dies wirkt auf mich unglaubwürdig, selbst im tiefsten Schweden dürfte es in Zeiten des Klimawandels nicht mehr einen Monat lang - und auch noch im Dezember - durch schneien. Als Adventskalenderbuch ist der Roman ebenfalls ungeeignet, da die ersten Kapitel sehr lang sind und erst ab gut der Hälfte der Zeit immer kürzer werden. Die Plot Twists sind ebenfalls ziemlich überzogen und die Charaktere (wie z.B. Ola) extrem überzeichnet.
Ein klassischer “Feel-Good-Roman” (natürlich wird am Ende alles gut), der für mich aufgrund der Darstellung des Alltags einer “Teilzeit-Schriftstellerin” und Einblicken in die (schwedische) Verlagsbranche dennoch ganz nett und leidlich interessant war. Trotzdem nicht unbedingt eine Leseempfehlung. Aus dem Schwedischen übersetzt von Gabriele Haefs.
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