Dieser Roman ist total gestört - im besten und positivsten Sinne. Er ist gaga, delulu, irre - was ihr wollt! Sowas muss einfach einem genialen Gehirn entsprungen sein, das kannst du dir nicht ausdenken. Ich habe auch manchmal gar nicht gecheckt, was hier eigentlich abgeht, vor allem als es um die Doppelgängerin ging, bin ich doch ziemlich im Dunkeln getappt - man muss quasi doppelt aufmerksam “hinschauen”. Und weil ich außerdem absolut keine Ahnung habe, wie ich hierzu eine “normale” Rezi schreiben soll, gibt es jetzt - Trommelwirbel / Premiere / Neu, neu, neu und wahrscheinlich einmalig - ein Rezi-Listicle. Denn in diesem Roman “Content” geht es vor allem um Listicles, also solche Online-Artikel, in denen Infos anhand von Listen übermittelt werden. Und um ihre Schreibenden auf einer von den Russen gesteuerten “Content-Farm” in einem gruseligen ehemaligen Industrieort mit dem Nickname “Staublunge”, die dort vor sich hin vegetieren und dabei langsam aber sicher in den Wahnsinn abdriften. Klingt mega, oder?
Also: 10 Gründe, warum du “Content” von Elias Hirschl aus dem Zsolnay-Verlag besser gestern als morgen gelesen haben solltest
weil es einfach anders krass reinhaut und wir alle hier und da einen frischen literarischen Wind im Einheitsbrei brauchen
weil Karin einfach Badass ist, recht hat und es keine “letztgültige Wahrheit” gibt
wegen der Perfidität von Plastikkateen, die dir vorgaukeln unsterblich und immer an deiner Seite zu sein
weil jeder, der mit Rote-Bete-Produkten Geld verdienen möchte, einen an der Waffel hat
weil es die Meinung enthält, dass Musils “Mann ohne Eigenschaften” ein “beschissenes, anstrengenes Buch” ist. Ihr könnt mich ja vom Gegenteil überzeugen. Sorry RM, aber wer hat schon geschafft, es wirklich zu lesen und zu verstehen. Selbst “Ulysses” war um Weiten zugänglicher.
weil “Content” den Finger auf die Wunde und damit auf das Dilemma unserer überdifferenzierten, überinformativen Welt der unendlichen Optionen legt. Wir wissen einfach zu viel und doch wieder fast nichts wirklich. Wer bin ich und wenn ja bin ich ein Bot?
weil Elias Hirschl allein für die mit Semikolon aneinandergereihten Listicle-Ideen auf den Seiten 162-169 den Literatur-Nobelpreis hinterhergeschmissen bekommen müsste. Ich habe selten so gelacht und kann euch nur einen meiner vielen Favoriten zitieren: “die 14 dümmsten Wege, die Druckkosten eines Romans zu erhöhen;” (S. 164)
weil ich Seite 162-169 immer wieder und wieder lesen werde, bis ich es auswendig mitzitieren kann
weil queere Charaktere vorkommen, obwohl man es nicht erwartet
(Spoiler) weil das Ende so schön traurig ist bzw. die Liste, in der man lernt, wie man ein glücklicheres Leben führt - wer würde das nicht wollen?
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.