Dienstag, 17. November 2020

"Amadeus auf dem Fahrrad" von Rolando Villazón

 

Zauberhafter Mozart- und Salzburgroman

Der weltbekannte Tenor Rolando Villazón hat mit "Amadeus auf dem Fahrrad" seinen dritten Roman vorgelegt, für mich war es sein erster, wird aber nicht der letzte bleiben. Der sympathische mexikanische Opernsänger mit dem gewissen Etwas hat hier nicht etwa einen autobiografischen Roman über seine illustre Bühnenkarriere geschrieben, aber seine Erfahrungen in der Klassik- und Opernbranche sowie mit der Festspielstadt Salzburg sind mit Sicherheit in dieses Buch mit eingeflossen.

Wir begleiten in “Amadeus auf dem Fahrrad” den jungen Mexikaner Vian Maurer, der davon träumt, Opernsänger zu werden. Leider möchte der konservative Vater lieber, dass er in ein Unternehmen eintritt und die Künstlerträume ad acta legt. Nach einigen erfolglosen Versuchen in Europa als Sänger Fuß zu fassen, wird er als stummer Komparse in einer "Don Giovanni"-Inszenierung für die Salzburger Festspiele engagiert. Der Vater gönnt Vian zähneknirschend diesen einen letzten Künstlersommer in der österreichischen Festspielstadt, bevor er in Mexiko einen Bürojob anzutreten hat. Der Roman handelt also von diesem Festspielsommer, in dem der junge Mann sein Glück in der Mozartstadt sucht. Vian ist durch und durch ein Träumer und so bewegt er sich auch traumwandelnd und traumtänzerisch durch den Salzburger Festspielsommer. Wunderbar und kenntnisreich beschreibt Villazon die aufgeladene Atmosphäre, die diese Theaterfestspiele jedes Jahr so einzigartig machen.

Der Roman ist einerseits voller Komik, zum Beispiel stolpert Vian immer wieder in witzige Situationen, die die ihm unerwünschte Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich ziehen. Er spricht mit Statuen und handelt oft völlig selbstvergessen und spontan - auf der Bühne und abseits davon. Andererseits hat das Buch auch ernste Züge. Vian hat schon einige tragische Erlebnisse hinter sich, wie zum Beispiel den Verlust seiner Mutter. Es ist auch traurig mit anzusehen, wie er immer wieder versucht, seine Liebe für das Singen und die Bühne zum Beruf zu machen und kläglich an seiner Talentlosigkeit scheitert. Die unheilvolle - platonische - Dreiecksbeziehung mit dem teuflischen Schauspieler Jacques und der engelsgleichen Produktionsassistentin Julia rückt das Buch zudem ins Märchenhafte bzw. Fantastische.

Die Liebe und Verehrung des Autors für den berühmtesten aller Komponisten zieht sich leitmotivisch durch den Roman. Mozart ("Trazom") ist in diesem Buch omnipräsent, er lauert hinter jeder Ecke, seine Geschichte steckt in jedem Buch, das Vian liest, seine Musik liegt wie eine frische Brise in der schwülen Salzburger Sommerluft. Ironischerweise sucht unser Protagonist Vian genau in dieser Stadt sein Glück, der Mozart unbedingt entfliehen wollte. Während Salzburg für ihn wie ein Gefängnis war, ist es für Vian die letzte Bastion der Freiheit, bevor er sein Leben eingesperrt in einem Büro in Mexiko verbringen muss. Mozart wird zu Vians Alter Ego und unsichtbarem, stets präsentem Freund.

Mit ganz viel Esprit, Pathos, Poesie und Humor erzählt Villazón Vians Geschichte, die oft surreal und expressionistisch anmutet. Vians Einbildungskraft ist groß, seine Träume sehr bildgewaltig, er ist sensibel, sein Empfinden synästhetisch, Farben wirken sich auf seine Stimmung aus. Er ist ein tragikomischer Sancho Pansa, eine empfindsam Künstlerseele, die gegen die Windmühlen der Realität von Geldmangel und Erfolglosigkeit kämpft. Man muss diesen Protagonistin, der in vielem seinem Verfasser ähnelt, einfach mögen, ihn ins Herz schließen und den Kopf über seine kindliche Unbedarftheit schütteln.

Fazit: Ich mochte dieses bezaubernde Buch sehr gerne und kann es für alle Liebhaber von Mozart, Salzburg, Villazón und der Opernwelt an sich sehr empfehlen!

Nähere Infos zum Buch (Klick aufs Cover):
    
           

  

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