“Wir mögen Foucault als Systemanalytiker betrachten, als großen Philosophen, Historiker, Soziologen und Psychologen, er jedoch sah sich als Journalist. Er studierte die Vergangenheit nur, um die Gegenwart zu verstehen. [...] Seine Auffassung, dass wir sind, was gesagt wurde, bringt seinen Ansatz in Bezug auf Geschichte und Humanwissenschaften auf den Punkt.” (S. 23)
Studiert man Geisteswissenschaften, kommt man um Michel Foucault nicht herum. Oder besser gesagt: Ein Studium der Geisteswissenschaften durchzuziehen, ohne sich auch nur am Rande ein wenig mit den Gedanken von Foucault auseinanderzusetzen, halte ich für unmöglich. Der Autor des Buches “Foucault in Kalifornieren", Simeon Wade, hielt ihn gar für “den größten Denker unserer Zeit, wenn nicht aller Zeiten.” Deshalb lud der Historiker, der an einem College im kalifornischen Claremont unterrichtete, den großen Philosophen aus Paris ganz forsch ein, als dieser seinerseits im Frühjahr 1975 Vorlesungen im kalifornischen Berkeley gehalten hat. Der Rest ist Geschichte.
Simeon Wade und sein Partner Michael gingen mit Foucault auf einen Trip ins Death Valley, um sich dort LSD einzuwerfen und eine neue Erfahrung zu machen, eine Erweiterung ihres Bewusstseins zu erleben. Für Foucault auch eine Möglichkeit, all den Fans und schaulustigen Intellektuellen zu entfliehen, die sich im akademischen Umfeld stets um seine Person scharen. Natürlich ist auch Wade, der diese autobiografischen Aufzeichnungen verfasst hat, ein Jünger Foucaults und auch sein Partner findet ihn interessant. Die homoerotischen Spannungen zwischen den Parteien sind evident, aber ob wirklich etwas zwischen den Dreien gelaufen ist, erfahren wir nicht. Stattdessen dürfen wir uns Foucault laut eigener Aussage in Lederkluft vorstellen, schauen ihm beim Holzfällen zu und erfahren, wie er auf die dann wie aus dem Nichts auftauchenden schönen Männer aus dem Bekanntenkreis seiner beiden Reiseführer reagiert. Natürlich gibt es auch einiges zu seiner Philosophie in diesem Buch zu entdecken - aber das dürft ihr getrost selbst machen. Es würde zu weit führen.
Für Foucault-Fans ein Muss, für Foucault-Interessierte eine Empfehlung!
Mit einem Vorwort von Heather Dundas und einem Essay von Kai Sina. Aus dem Amerikanischen von Tino Hanekamp. Erschienen bei Kiepenheuer & Witsch
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