Montag, 15. Dezember 2025

"Tod zur Teestunde" von Anthony Horowitz

 


Buch-im Buch-im Buch - Metafiktionalität und Krimispaß deluxe!


Als Liebhaberin der Horowitz-Krimis im Allgemeinen und der Susan-Ryland-Reihe im Speziellen, musste ich “Mord zur Teestunde” natürlich lesen. Schließlich geht es in den Krimis darum, dass eine Lektorin in Kriminalfälle hineingezogen wird, die mit der von ihr lektorierten Krimi-Reihe rund um den Detektiv “Atticus Pünd” zusammenhängen. Aber sein Autor, Alan Conway, ist seit dem letzten Band (“Moonflower Murders”) tot. Und dennoch gibt es diesen dritten Band der Reihe - weil anscheinend die Schauspielerin, die Susan in den Verfilmungen spielt, das angeregt hat. 


Susan ist also zurück aus Griechenland und lebt wieder in London, wo sie als freiberufliche Lektorin arbeitet. Als ein Verleger, für den sie freiberuflich Schwedenkrimis lektoriert, ihr einen neuen Atticus-Pünd-Roman, verfasst von dem jungen Autor Elitot Crace, zur Bearbeitung vorschlägt, möchte Susan am liebsten die Flucht ergreifen. Schließlich wäre sie wegen den Pünd-Romanen fast gestorben. Doch natürlich lässt sie sich wieder darauf ein und wird in ein Netz aus dunklen Geheimnissen, Intrigen, Hass und Neid innerhalb einer schwerreichen Upperclass-Familie gezogen, das noch viel dichter und unentrinnbarer scheint, als jemals zuvor.


Teilweise ist dieses Buch drei Bücher in einem: Erstens ist es natürlich “Mord zur Teestunde”, geschrieben von Anthony Horowitz. Dann haben wir das hauptsächliche “Buch im Buch”, nämlich den Atticus-Pünd-Roman “Pünds letzter Fall”, geschrieben von Eliot Crace, den die Hauptfigur Susan Ryland lektorieren soll. In “Pünds letzter Fall” schreibt wiederum der schwerkranke Pünd selbst sein Opus Magnum “The Landscape of Criminal Investigations”, das wir auch wiederum in einem kurzen Auszug und in einem anderen Schriftbild abgedruckt bekommen. Wir haben also Metafiktionalität auf die Spitze getrieben und sowas liebe ich einfach: Buch im Buch im Buch. Die ganzen Verweise, Analogien, Anagramme und Hinweise, die in den Büchern versteckt sind, machen einfach sehr viel Spaß. Wenn man sowas mag natürlich. Für diejenigen, die nicht so in der Buchbranche und ihren Mechanismen “drin” sind, liefert “Mord zur Teestunde” unglaublich viel Hintergrundwissen. Wie berechenbar sind Bestseller? Gar nicht. Stephen Kings “Carrie” wurde, so erzählt es Susan Ryeland, von 30 Verlagen abgelehnt. Sie spricht auch über Makulatur, also das, was mit Büchern passiert, die gedruckt, aber nicht verkauft wurden. Bittere Wahrheiten, über die unter Schreibenden und Verlegenden lieber nicht so offen geredet wird. 


Der Fall war wie immer super spannend und undurchschaubar. Wer hinter allem steckt - und es gibt ja mehrere Verbrechen - hätte ich nicht rausbekommen. Als ich angefangen habe mit dem Roman und schon voll in Susans derzeitigem Leben drin war, war ich zunächst enttäuscht, als der Pünd-Roman eingeschoben wurde. Aber der hat mich dann auch wieder so gepackt, dass ich dann enttäuscht war, als es wieder um Susan ging. Ich weiß nicht, wie Horowitz das macht, aber er kann es einfach. Ich habe so eine Buch-im-Buch-Geschichte noch nie so gut gelesen wie von ihm. Ich bin schwer begeistert und sehr enttäuscht, wenn das wirklich der letzte Band rund um Susan Ryeland gewesen sein sollte. Ach komm, Anthony, sei nicht so: Mach’s noch einmal! Bitte!


Aus dem Englischen von Lutz-W. Wolff


Herzlichen Dank an Insel und Vorablesen für das Rezensionsexemplar

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