Mein Haus. Mein Auto. Meine Familie. Während wir früher noch mühsam Fotos aus dem Geldbeutel ziehen mussten, um Einzelpersonen oder kleinen Gruppen unser vermeintlich perfektes Leben zu präsentieren, können wir heute im Internet gefühlt der ganzen Welt zeigen, was wir sind oder gerne sein wollen. Ich finde Bücher, die die “Social-Media-Selbstdarstellungsmaschinerie” unter die Lupe nehmen, schon sehr interessant. Vom Debütroman “I'm a Fan” von Sheena Patel habe ich mir also rein von der Kurzbeschreibung einiges erhofft. Hier geht es nämlich um eine Frau (eine namenlose Ich-Erzählerin) aus London, die die Frau (“Woman i am obsessed with) im Internet “stalkt”, mit der der Mann (“Man I want to be with”), mit dem sie gerne zusammen wäre, eine Affäre hat. Klingt kompliziert? Ist auch so. Das Buch ist sehr, sehr anstrengend. Und das liegt nicht nur an der winzigen Schriftgröße, die hier im englischen Original gewählt wurde. Der Roman ist ein scheinbar endloser innerer Monolog, in kurze Textpassagen zerstückelt. Und diese Texte, die an kleine Essays, Kolumnen, Blog- oder Tagebucheinträge sowie Captions erinnern, enthalten eine endlose Litanei über die “Nicht-Beziehung” der Protagonistin zu dem Mann, mit dem sie gerne zusammen wäre.
Dieser Mann ist so toxisch, dass er fast schon wie eine Karikatur eines notorischen Fremdgehers rüberkommt. Er lässt die Ich-Erzählerin an der langen Leine, hat sporadisch S*x mit ihr und nebenbei hat er eben noch andere Frauen wie die “woman I am obsessed with”. Diese präsentiert ihr Luxusleben im Netz. Und wird eben von der Ich-Erzählerin dabei beobachtet.
Puh, ich habe selten ein Buch gelesen, das mich so genervt hat wie dieses. Diese Prosa ist so dermaßen anstrengend, wie ich selten eine gelesen habe. Man will einfach zu der Ich-Erzählerin sagen: Gute Frau, es reicht jetzt. Lass diesen Mann ziehen und alles was mit ihm zusammenhängt, lösche bitte all deine Social Media Apps und kauf dir einen Hund (und leihe dir nicht nur einen aus, um die Schwester der “woman I am obsessed with” zu stalken).
Wie so oft bei “schlechten” Büchern ist es auch hier so, dass sowohl die Vorschusslorbeeren (National Book Awards 2023 und nominiert für den Women's Prize for Fiction) sowie der Anfang des Buches, vielversprechend waren. Ich mochte den Beginn des Romans, wo sich die Ich-Erzählerin langsam in das Leben der Affäre ihres Love Interests einschleicht. Stark fand ich die Szene, wo sie zu einer Verkaufspräsention von Luxuswaren, die die Frau auf ihrer Website vertreibt, geht und die Dinge taxiert, die dort feilgeboten werden. Die Ich-Erzählerin reflektiert dabei sowohl Klassenunterschiede als auch ihre eigene Identität als Einwandererkind der zweiten Generation in England.
Ich hätte mir gern noch mehr beißende Gesellschaftkritk gewünscht, die unsere moderne Selbstdarstellungskultur entlarvt. Stattdessen geht es fast ausschließlich um die toxische Beziehung zu dem bewunderten “A-Loch-Typen”, um den S*x, den sie sich mit ihm wünscht bzw. hat und um die langweilige Beziehung, die sie mit ihrem Boyfriend führt, den sie ihrerseits betrügt. Es gibt hier - Spoiler - keinerlei Entwicklung der Ich-Erzählerin, denn sie wird an ihrer ungesunden Obsession bis zum Schluss festhalten.
Kein gutes Buch. Keine Empfehlung. I am not a Fan. Habt ihr das Buch gelesen und fandet es vielleicht sogar gut? Hab ich irgendwas nicht gerafft? Habe ich die gesellschaftspolitische Brisanz dieses Romans nicht erkannt?
Falls ihr euch selbst ein Bild machen wollt und nicht gerne auf Englisch lest, das Buch ist auch auf Deutsch erschienen bei hanser blau.
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