Donnerstag, 24. August 2023

"Nincshof" von Johanna Sebauer


Die Handlung von "Nincshof" möchte ich nicht unnötig vorwegnehmen - man muss selbst literarisch dort gewesen sein, um den Roman genießen zu können. Nur ein paar Eckpunkte: Es geht um ein idyllisches Dorf in der burgenländischen Pampa, das vergessen werden will. Und um eine zugezogene Städterin, die neugierig ist - zu neugierig? Es geht um alte Damen mit einer Vorliebe für fremde Pools, um Irrziegen und ihren Wirt bzw. die internationale "Irrziegen-Community", Pusztafeigenschnaps, Linzer Radl, das Matriarchat, den Sipp Sepp, den Bürgermeister, den Valentin, den Weinbauern, überambitionierte Wiener Radfahrer und um einiges andere mehr.

"Nincshof" setzt sich kritisch mit unserer Erinnerungskultur auseinander. Der Roman stellt die Frage, ob es nicht besser wäre, wenn die meisten Dinge dem Vergessen anheimfallen würden, statt ewig im digitalen bzw. medialen Fegefeuer zu verharren. Es geht auch viel um die Frage, wo es sich besser lebt, wenn man wie Isa Bachgasser, die Städterin, mitten im Leben steht - in der flirrenden Metropole voller Kultur oder in einem verschlafenen Dorf, dessen Kultur die Kunst des Vergessens und Vergessenwerdens ist. Nincshof ist ein Sinnbild der Entschleunigung. Hier leben die Menschen noch im Einklang mit der Natur und den Jahreszeiten. Hier wird nicht Followern, Geld - Kapitalismuskritik ist in diesem Buch auch ein ganz starkes Thema - oder den neuesten Espressomaschinen und Smartphones hinterher gehetzt. Hier ist man zufrieden - mit sich, seinem Körper, seinem Alter und dem, was man sonst so hat. Schon schön irgendwie.

Johanna Sebauer ist ein erfrischend anderer Roman gelungen, der förmlich nach einer Verfilmung schreit. Sie scheut sich nicht, die in der oftmals bierernsten deutschsprachigen Gegenwartsliteratur verschmähten Stilmittel Humor, Ironie und Sarkasmus zu verwenden. Für diesen Mut - denn die Gefahr besteht, dass der Roman vom Feuilleton dann nicht mehr "ernst" genommen werden könnte - gebührt der Autorin großer Respekt. Der Roman hat jedenfalls für mich getan, was Romane seit jeher im besten Falle tun sollten - er hat mich bestens unterhalten. 



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