Donnerstag, 2. Mai 2024

Realtalk: Bloggerboxen und Rezensionsexemplare


Realtalk Bloggerboxen/Rezensionsexemplare: Ich habe nochmal, auch angeregt durch eure wertvollen Kommentare (vielen Dank) zu meinem letzten Realtalk, über das Thema intensiver nachgedacht, also vor allem über die Boxen, die Buch-Blogger:innen mit einer gewissen Followeranzahl (meist ab 1500) bekommen. Meistens machen die Blogger:innen ein Unboxing, in dem sie sich für die Box bedanken und erzählen, wie toll sie ist und wie gespannt sie auf das Buch sind. Einige Zeit später folgt dann meist die Rezension. Das soll Aufmerksamkeit für das Buch schaffen. Soweit, so unangenehm. Denn warum kann Literatur nicht mehr für sich selbst stehen? Braucht es für die Blogger:innen, die diese Boxen bekommen, einen zusätzlichen Anreiz, das Buch zu lesen und vorzustellen? Warum denken die Verlage, dass gerade diese Bücher zusätzliche Promotion brauchen? 

Klar könnte man darüber nachdenken, ob Rezensionsexemplare an sich (ohne Box) auch die Meinung beeinflussen. Würde man das Buch lesen, wenn man es nicht als Rezensionsexemplar erhalten hätte? Ich kann nur für mich sprechen: Ich beziehe die meisten Rezensionsexemplare seit vielen Jahren über vorablesen (herzlichen Dank an dieser Stelle) oder lovelybooks, wo es ohnehin eine Verlosung ist. Das finde ich fair und so können auch Leser:innen, die nicht direkt bloggen, an Rezensionsexemplare kommen. Aber ich bewerbe mich natürlich nur, wenn mich ein Buch aufgrund der Leseprobe wirklich interessiert. Alles andere wäre ja kontraproduktiv, denn ich muss das Buch ja lesen und rezensieren. Das trifft auch auf die wenigen Bücher zu, die ich direkt bei einem Verlag (kommt fast nie vor, weil ich dafür auch für die meisten zu klein bin und diese oft erst ab 1000 IG-Follower:innen mit Blogger:innen zusammenarbeiten), einer Agentur wie Buchcontact bzw. dem Bloggerportal (auch hier herzlichen Dank, denn die meisten Bücher bekomme ich seit Jahren trotz “weniger” Follower:innen) anfrage. Die allermeisten Bücher kaufe ich mir selbst und kleinere Verlage will ich sowieso unterstützen, da würde mir gar nicht einfallen, um ein Rezensionsexemplar zu bitten. (Außer, es wird mir explizit angeboten von den Autor:innen oder Verlagen). Diese Info nur, um es für euch transparenter zu machen, wie ich bezüglich meiner Rezensionen von außen unterstützt werde. Ich bin sehr dankbar dafür.

Aber zurück zu den Bloggerboxen. Was löst das in uns “Nicht-Begünstigten” aus, wenn andere ihre Bloggerboxen in die Kamera halten? Wollen wir unbedingt zum Buchladen rennen und uns das Buch besorgen? Auch wenn wir es nicht umsonst mit Postkarten, Tote-Bag und Tasse mit Covermotiv bekommen? Denn diese Goodies sind natürlich exklusiv, nur die Auserwählten bekommen sie. Nachkaufen bei Gefallen: Meist nicht möglich, denn sie wurden im Regelfall exklusiv für die Boxen produziert. Ein Produkt nur für Auserwählte. Und auserwählt wird man nur, wenn man eine gewisse Reichweite hat - that's the game.

Dass das alles bei vielen eher doch ein wenig Neid und Ablehnung auslöst, dürfte auf der Hand liegen. Manche mag es auch völlig kalt lassen. Bei mir ist dieses neidvolle Unbehagen allerdings meistens nicht auf die Box selbst gerichtet, weil ich die meisten Bloggerbox-Bücher nicht gerne lesen würde (ich sehe den Zusammenhang zwischen in Wahrheit eher mittelmäßiger Literatur und Bloggerbox immer stärker), sondern tatsächlich auf die Likes und Kommentare der (größeren) Verlage, die es natürlich toll finden, wenn man das Unboxing und die Rezension, die sich aus der “liebevoll gepackten” Box ergeben, auch posted. Ich habe es schon an der ein oder anderen Stelle und auch im letzten Realtalk erwähnt, will es aber noch ein letztes Mal wiederholen: Kleinere Blogger:innen wie ich können von Likes und Kommentaren der großen Verlage (kleinere Verlage sind da oft ganz anders und bei diesen bedanke ich mich an dieser Stelle dafür, dass sie sich auch für die kostenlose Werbung für ihre Bücher mit Likes, Comments und Shares bedanken ❤) oft nur träumen. Und dabei sind es genau diese Verlage, die oft mehrere Angestellte haben, die sich nur mit Social Media befassen und man könnte eigentlich meinen, dass die auch mal die Posts durchschauen, in denen sie getagged werden. So viele werden das pro Tag (zumindest bei deutschen Verlagen) auch nicht sein. Aber nein, hat man die erforderliche Reichweite nicht, kann man noch so gute Rezensionen schreiben, man wird meist ignoriert. (Positive Ausnahmen gibt es aber natürlich wie den Suhrkamp und den Hanser Verlag).

Und da kommt doch eine gewisse Frustration auf, denn auch wenn das Buchbloggen ein freiwilliges Hobby ist, man investiert doch seine Zeit und einiges an Herzblut. Und ich muss nicht mit Geschenken überschüttet werden, damit ich ein Buch lese. Aber ein freundliches Wort, das motiviert - zumindest mich - ungemein. Hierbei auch vielen Dank für all eure Kommentare. Jedes positive Wort wird von mir geschätzt und ich bedanke mich ganz herzlich für all euren Support, in welcher Form auch immer! ❤️

Zusammengefasst: Ich finde, die Verlage tun sich mit dem doch recht “aggressiven" Marketinginstrument Bloggerbox keinen wirklichen Gefallen und fördern damit den Konkurrenzkampf und die Ungleichbehandlung unter Bloggenden. Letztlich sind die großen Verlage in der Buchbubble wie die antiken Götter, die ihre Gunst durch die Bloggerboxen zeigen. Und die Gunst fällt nur auf die, die genug Follower:innen haben, alle anderen werden weitgehend ignoriert, egal ob sie Werbung in Form von Rezensionen und Buchtipps machen oder nicht. Für mich ist das Kapitalismus und eine Form von (mir fällt kein besseres Wort ein) “Vetternwirtschaft”. Wir müssen zurückkommen zu einer weniger kapitalistisch ausgerichteten Form von Literaturbewertung. Denn: Es zählt doch eigentlich nur das, was zwischen zwei Buchdeckeln steht und genau das sollten wir letztendlich bewerten. 


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