Auf einem aktuellen Blog über Bücher zu schreiben die nicht mehr im
Buchhandel, sondern nur noch antiquarisch erhältlich sind, ist sicher
etwas retrospektiv und dekadent von mir. Dennoch: ich habe mich ja hier
entschieden Bücher vorzustellen die ich lese und die ich mochte, egal ob sie
gerade en vogue sind oder nicht.
Letzteres trifft auf den Roman „Schatten“ von Robert
Schneider zu. Das Buch liegt seit genau 9 Jahren auf meinem SUB, denn ich habe
es auf einer Lesung von Schneider im Mai 2003 (Datum der Widmung) erworben.
Robert Schneider ist der typische „One-Bestseller-Autor“, in der Dimension etwa
zu vergleichen mit Patrick Süskind: man hat einen ganz großen Bestseller auf
den Markt gebracht und kann danach nie wieder an diesen Erfolg anknüpfen. Auch
Schneider ist es so ergangen, er publiziert wenig, das letzte Buch („Die
Offenbarung“, ein Roman über Johann Sebastian Bach) stammt aus dem Jahr 2007.
Nichtsdestotrotz: „Schatten“ (2002) ist ein lesenswerter
Roman. Es geht im Wesentlichen um eine einseitige, unglückliche Liebe einer
Frau zu einem Mann.
Die Handlung, die in Sydney, Australien spielt, ist sehr
reduziert: Florence, Geigerin in einem Rundfunkorchester trifft sich mit Kasha,
einer promovierten Psychoanalytikerin. Sie haben gemeinsam, dass beide in
Australien Töchter von polnischen Juden sind und in dem gleichen Pensionat
erzogen wurden. Und: denselben Mann, Collin.
Florence fängt am Anfang an zu erzählen und tut dies bis zum
Ende des ersten Kapitels (das sehr lang ist) auf eine monologische Art und
Weise. Sie wollte sich mit Kasha treffen, weil sie Collin immer noch liebt und
nicht weiß, wie sie damit umgehen soll. Collin, ihr Geliebter und der spätere
Mann von Kasha hat nicht sie, sondern Kasha vor vielen Jahren geheiratet, vor
15 Jahren ist er gestorben. Florence ist eine leidenschaftliche Persönlichkeit,
die unglückliche Liebe zu Collin hat sie so geprägt wie nichts in ihrem Leben.
Im zweiten, kürzeren Kapitel bringt Kasha ihre Sicht der Dinge vor. Sie hat
Collin, der als Patient in ihre Praxis kam, aus Verlegenheit geheiratet und
Zeit ihrer Ehe versucht, sich in ihn zu verlieben.
Hier entwickelt sich die Tragik des Romans, die wie so oft
eine des echten Lebens ist: die, die ihn geliebt hat wollte er nicht und die
die er wollte liebte ihn nicht.
Beide Frauen tun einem auf ihre Weise leid, aber warum
sollte man ein Buch lesen dass nur von zwei alten traurigen Frauen handelt?
Weil es eine Message bzw. viele Messages hat.
Das Buch ist von seiner Erzählweise gehoben, Schneider hat
eine besondere Ausdrucksform, die manchmal ins eigentümlich-altmodische bzw.
pathetische abgleitet. Wer seinen Bestseller „Schlafes Bruder“ gelesen hat weiß wovon ich rede. Nichtsdestotrotz ist die Sprache trotz ihrer
Elaboriertheit angenehm. Das wirklich besondere an dem Buch ist, dass es viele
Aussagen (meist von Florence getroffen) enthält, die sentenzenhaft sind.
Allgemeine Sinnsprüche über die Liebe und das Leben, die man sich gerne merken
möchte. Ich habe z.B. viel unterstrichen.
Mein Lieblingszitat aus dem Buch:
„Wenn ich manchmal nachts nicht schlafen kann und in den Park gehe, der ja gleich bei mir um die Ecke ist, und ich sehe zwei Menschen, die sich küssen, erfüllt es mich mit einem unsäglichen Glück. Am liebsten würde ich auf sie zugehen und sagen: Hört nicht auf, euch zu küssen! Hört nicht auf, euch festzuhalten! Lasst einander nie mehr los! Ihr ahnt ja nicht, wie sehr ihr jetzt über das Leben triumphiert!“
Da das Buch nicht mehr erhältlich ist muss man eigentlich
keine Werbung dafür machen. Ich möchte lediglich Robert Schneider als Autor
wieder einmal erwähnen und hoffe, dass seine Bücher (die die da sind und die,
die er hoffentlich noch schreiben wird) ein paar Leser finden.
Meine Ausgabe:
Meine Ausgabe:
Verlag: Reclam Leipzig
Erscheinungsjahr der Ausgabe: 2002
Erscheinungsjahr der Ausgabe: 2002
Seiten: 207
ISBN: 3379007927
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