Englischer Humor: man mag ihn oder man mag ihn nicht. Ich
gehöre zu denen die ihn vergöttern. Da habe ich natürlich sofort gedacht dass
das Buch von Dawn French (das durch vorablesen.de zu mir kam-vielen Dank an
dieser Stelle) etwas für mich wäre, immerhin ist sie eine britische Komikerin
(und Schauspielerin) und auch der Klappentext hörte sich nach einer bissigen
Komödie aus dem Bereich „Chick-lit“ mit Familienfokus an.
Ob das Buch von Dawn French eins zu eins mit dem typisch
bitterbösen, oftmals politisch unkorrekten Humor gleichzusetzen ist? Nein, es
ist eher eine abgemilderte Version, aber man kann zu jeder Zeit den kulturellen
Background der Autorin erahnen. Laut gelacht habe ich eigentlich kaum,
höchstens geschmunzelt, was auch daran gelegen hat, dass sich das Buch – gerade
in der Schlussphase – etwas zu ernst nimmt und die satirischen Elemente durch
einen Mantel von Sentimentalität zugedeckt werden.
Es handelt sich bei „Irgendwas geht immer“ um einen
Tagebuchroman, also die Handlung ist in Ich-Erzählung von unterschiedlichen
Personen verfasst – den Mitgliedern der Familie Battle – und umfasst einen
chronologisch nachvollziehbaren Zeitabschnitt (ca. Silvester der Gegenwart –
das kann man an Angaben im Buch (z.B: es sind 18 Jahre seit dem „annus
horribilis“ der Queen 1992 vergangen) festmachen – bis zum 50. Geburtstag von
Mo Battle, der Mutter der Familie). In dieser Zeit entwickeln sich die
Charaktere und es passieren einige Sachen, die die Battles beschäftigen.
Die Battles bestehen aus der gerade erwähnten Mo Battle (49).
Sie ist neben ihrem Dasein als Ehefrau und Mutter noch ausgebildete
Psychotherapeutin für Kinder- und Jugendtherapie. Darin liegt auch schon viel
von der Ironie der Geschichte, denn: obwohl sie ein Buch mit dem Titel „Teenager-ein
Handbuch“ schreibt ist sie mit ihren eigenen Kindern (16/18) mehr als überfordert.
Die Verständnislosigkeit für das Verhalten ihrer Tochter Dora ist
symptomatisch. Auch für das exaltierte Dandytum des Sohnes hat sie nur ein
Kopfschütteln übrig, weshalb sie ihm demnächst einen Termin bei ihrem
überheblichen Praxiskollegen George machen will, damit dieser herausfindet
warum er so ist wie er ist.
Dieser Sohn heißt eigentlich Peter, nennt sich aber „Oscar“
nach seinem großen Vorbild, dem Dichter Oscar Wilde. Dass er sich gerne gut
kleidet (was ihm aber angesichts seiner bescheidenen finanziellen Möglichkeiten
und dem fehlenden Angebot mitunter sehr schwer gemacht wird) und im amourösen
Bereich dem eigenen Geschlecht zugeneigt ist wird schnell klar.
Dora hingegen, die fast achtzehnjährige Tochter der Battles,
steht kurz vor ihrem Schulabschluss und muss sich mit dem Unverständnis ihrer
Mutter für ihre Probleme, ihrer Figur (die sie hasst) und dem Wunsch
auseinandersetzen, gern eine berühmte Sängerin zu sein. Am liebsten hängt sie
auf Facebook herum und chattet mit Jungs, manchmal mit solchen, die sie gar
nicht kennt.
Es werden Konflikte auf- und wieder abgebaut. Dabei spielen
u.a. Noel, der Therapeut aus Neuseeland, der ein Praxisjahr bei Mo und George
macht sowie Lottie, die beste Freundin von Dora und Luke Wilson, Mitglied in
Oscars elitärem „Club der Verzauberten“ und Patient von Mo eine Rolle. Außerdem
noch der am Titel präsente Hund Poo, der ein Stelldichein mit Folgen hatte.
Der Vater der Familie kommt nur ein einziges Mal in Ich-Form
zu Wort, gegen Ende des Buches. Von diesem Eintrag war ich sehr irritiert und
muss sagen, dass er eigentlich nicht in das allgemeine Gefühl des Romans
hineingepasst hat. Was Frau French sich bei dieser Handlungsführung gedacht hat
wird mir ein Rätsel bleiben.
Durch seine Multiperspektivität hat mir das Buch unterschiedlich
gut gefallen, denn die unterschiedlichen Persönlichkeiten der Familie sind
einem auch unterschiedlich sympathisch und ihre Sichtweise je nach dem
ebenfalls. Die von Peter aka. „Oscar“ erzählten Stellen fand ich sehr köstlich,
seinen an Wilde angelehnten, elaborierten Sprachgebrauch fand ich erfrischend
amüsant, von Dora und ihrem anstrengenden „Ich bin fast erwachsen und weiß
alles besser“-Gerede war ich stellenweise sehr angeödet. Bei Mo war es so
mittendrin: ich kann mich einfach nicht genug in eine 49 (bald 50)jährige
Kinder- und Jugendtherapeutin hineinversetzen, der die eigenen Kinder ein
Rätsel sind. Dennoch war es mitunter ganz amüsant wie sie ihr Leben kurz vor
der Menopause beschreibt. Zum Ende hin wird aber alles sehr sentimental und anstrengend,
so dass ich das Buch nicht uneingeschränkt empfehlen kann.
Vom haptisch-optischen Aspekt ist dieses Buch hingegen ein
echtes Erlebnis. Ich finde es toll dass Verlage immer mehr dazu übergehen den
Schnitt eines Taschenbuchs (bisher habe ich das nur bei Taschenbüchern gesehen)
mit Motiven zu verzieren. Das ist ein Highlight für alle bibliophilen Menschen
und verleiht dem Kulturgut Buch einen echten Mehrwert, den das schnöde digitale
Dokument eben nicht bieten kann. Auch den erhabenen Titel und die Umrandung
finde ich sehr schön, ich habe während der Lesepausen ziemlich oft das Cover
gestreichelt J.
Entzückend sind auch die Rezepte für Backwaren aus dem Text, die im Anhang zum
Nachkochen wiedergegeben werden.
Meine Ausgabe:
Originaltitel: A
Tiny Bit Marvellous
Verlag: Ullstein
Erscheinungsjahr der Ausgabe: 2012
Verlag: Ullstein
Erscheinungsjahr der Ausgabe: 2012
Erstausgabe: 2011
Seiten: 368
Seiten: 368
ISBN: 978-3-548-28377-7