Dienstag, 26. November 2013

"Der Fluch des Sündenbuchs" von Beate Maly


Wer "Das Sündenbuch" gelesen hat musste ein Buch verlassen, bei dem der Vorhang zu und alle Fragen offen waren. 1618: Jana Jeschek, die junge Apothekerin aus Prag und ihr Begleiter, der Wiener Arzt Conrad Pfeiffer sind mit Amulett und "Sündenbuch" (das eine Schatzkarte beinhaltet) geflohen, die Schergen der katholischen Kirche dicht auf den Fersen. Glücklicherweise hat Beate Maly den Vorhang jetzt wieder geöffnet und lässt uns im zweiten Teil der Geschichte am weiteren Schicksal der Protagonisten teilhaben. Auch ein neuer Erzählstrang wird eröffnet, der uns zunächst nach England, in den Tower von London, führt wo Sir Walter Raleigh, der ehemalige "Pirat" und Günstling der Königin Elisabeth I., unter ihrem Nachfolger auf seine Hinrichtung wartet. Kurz zuvor möchte er seinem (inoffiziellen) Schwiegersohn (dem Mann seiner unehelichen Tochter Julia) ein Vermächtnis mit auf den Weg geben, das der Versorgung seiner Familie dienen soll: Die Abschrift der Schatzkarte von "El Dorado" - jener Karte, die im Original im Besitz von Jana ist (was natürlich weder Raleigh noch sein Schwiegersohn Richard wissen). Auch Jana und Conrad, die mittlerweile ein Paar sind, wollen den legendären Schatz finden. Von Gran Canaria aus brechen sie in die "Neue Welt" auf, mit einem Schiff, das auch Sklaven nach Amerika transportiert. Wegen der unwürdigen Bedingungen gerät der humanistisch gebildete und dem Hippokratischen Eid verpflichtete Arzt Conrad mit dem eigentlichen Schiffsarzt aneinander...Dieser Streit und die Strapazen der Überfahrt machen Jana zu schaffen... Kurz vor der Ankunft auf dem anderen Teil der Erde überfallen Piraten das Schiff und für Jana und Conrad geht die Reise plötzlich anders weiter, als sie sich das vorgestellt hatten.

Auch Richard ist mit Tom, dem irischen Diener seiner Frau Julia, auf einem anderen Schiff auf dem Weg nach Südamerika. Während Richard dem Alkohol hinterherweint versucht Tom sich nützlich zu machen und ihr gemeinsames Reisegeld beieinander zu halten. In der "Neuen Welt" angekommen bekommen die beiden plötzlich eine Mitreisende und mit ihr eine ganz neue Möglichkeit ihr Ziel zu erreichen...

Ich muss sagen obwohl ich den Vorgängerroman gelesen habe, habe ich außer den beiden Protagonisten Jana und Conrad und der Grundhandlung nichts wiedergefunden was mich an diesen erinnert hätte. Während im ersten Buch noch die Konfessionsproblematik, Janas emanzipierte Situation als Apothekerin und das Geheimnis ihres Vaters im Vordergrund standen sind jetzt ganz andere Konflikt- und Themenfelder vorhanden: der Entdeckergeist der Frühen Neuzeit, Piraterie, Seefahrt, Ethnologie, Sklaverie und Missionierung geben sich nun die Klinke in die Hand. Das ist an sich alles zu einem interessanten Roman verknüpft, nur leider hat er eben nur noch wenig mit dem ersten Teil gemeinsam. Es geht auch mehr um die einzelnen Individuen und ihre Geschichten - Assante, Tica, Tom, Richard und natürlich im Zentrum Jana und Conrad - sie alle haben ein spezielles Schicksal und für sie alle ist "El Dorado" auch eher das Sinnbild für das, was man im Leben sucht, also ist das Buch eine einzige Analogie für diese Suche. Wer sich also einen spannenden Verfolgungsroman im historischen Setting erhofft - was ja im ersten Teil angelegt und auch durchgezogen wurde - den muss ich insofern enttäuschen als die Schatzsuche und das titelgebende "Sündenbuch" an sich nicht mehr im Vordergrund stehen. Es ist wirklich mehr das Entdecken einer neuen Welt und die gleichzeitige Ich-Findung der handelnden Figuren, was dieser Roman zu bieten hat. Auch für alle, die sich für die geschichtliche Darstellung von den oben angesprochenen Themen interessieren ist der Roman mehr als lesenswert.

Die Beschreibung der Überfahrt in die "Neue Welt" ist für meinen Geschmack etwas zu dramatisch und ausufernd (leider war das Ufer zunächst nicht in Sicht) ausgefallen. Ich hätte mir auch insgesamt etwas mehr Spannung in Hinblick auf die eigentliche Schatzsuche und vielleicht etwas mehr Symbolismus und Enträtselung gewünscht (das ist nur auf ein paar wenigen Seiten gegen Ende der Fall).

Ansonsten bin ich froh so viel über die südamerikanische Kultur des frühen 17. Jahrhunderts gelernt zu haben.

Fazit: Ein gutes Buch, der erste Teil der Reihe hat mich allerdings etwas mehr begeistert.

Vielen herzlichen Dank an vorablesen.de und den Ullstein-Verlag für das Leseexemplar!

Meine Ausgabe:
Erscheinungsjahr: 2013
Seiten: 458
ISBN: 978-3-548-28465-1

Donnerstag, 21. November 2013

Lovelybooks-Leserpreis 2013

Der Lovelybooks-Leserpreis 2013 ist auch dieses Jahr wieder eine spannende Angelegenheit für Autoren und Leser. Die beliebtesten Titel wurden bereits von 15.000 Lesern aus ca. 4.000 Büchern ausgewählt - nun werden die absoluten Favoriten bestimmt.

Hier könnt ihr bis zum 28. November für Eure Lieblingsbücher abstimmen:

http://www.lovelybooks.de/leserpreis/2013/

Man kann seine Stimmabgabe auch bei Twitter und Facebook teilen.
Im Bereich Romane, Liebesromane, Fantasy und "Beliebtestes Buchcover" habe ich schon abgestimmt, bei SciFi, Thriller, Erotik u.a. halte ich mich raus und bei den Historischen Romanen konnte ich mich noch nicht entscheiden, weil so viele gute Titel dabei sind...

Montag, 18. November 2013

"Das Haupt der Welt" von Rebecca Gablé


Rebecca Gablé hat sich wieder einmal aus ihrer "comfort zone" - den Waringham-Romanen - begeben und sich einem neuen Sujet zugewandt: den Ottonen bzw. Liudolfingern, einem sächsischen Adelsgeschlecht, das von 919 bis 1024 deutsch-östfränkische Könige bzw. deutsche Kaiser hervorbrachte. Für mich war diese Dynastie in den Nebel einer sehr fernen Geschichte eingetaucht, ich hatte mich nie wirklich mit dieser Zeit befasst. Umso gespannter war ich natürlich was Frau Gablé daraus machen würde. Ihr gelingt es ja immer hervorragend fiktive Figuren in den Dunstkreis von historischen Persönlichkeiten einzubetten und so die Geschichte erzählerisch aufzupeppen. In diesem Fall sind die rein fiktiven Figuren nur im Bereich der Nebenfiguren zu finden, die Protagonisten haben tatsächlich alle historisch gelebt. Das Fiktive findet sich hier wie so oft bei historischen Figuren vor allem in den Charakterprofilen, die Gablé ihren Figuren zuschreibt. Gerade im Fall von Otto I. gibt es wohl viele unterschiedliche Sichtweisen, Gablé sagt sogar dass über kaum einen anderen Herrscher "so viel Blödsinn" (S. 853) geschrieben wurde wie über ihn.
Sein Antagonist und gleichzeitig Pendant ist der slawische Fürstensohn der Heveller, Tugomir, ebenfalls eine historisch existente Figur, über die allerdings nur sehr wenig bekannt ist. Er ist die Hauptfigur des Romans.
Am Anfang der Geschichte stehen das Massaker an den Daleminzern (den Slawen des ostfränkischen Reiches), die Affäre von Tugomirs Schwester Dragomira mit Otto, die dynastischen Überlegungen Heinrichs I. zu seiner Nachfolge, die Gefangennahme bzw. Geiselnahme Tugmomirs und sein Dasein als Heiler der feindlichen Sachsen - eine bizzare Situation, mit der die Autorin auch wunderbar spielt. Die Figuren entwickeln sich im Laufe des Romans, kommen in Konfliktsituationen, verlieben sich (natürlich vor allem in Personen, in die sich sich eigentlich nicht verlieben dürfen), leben mit Aufstieg und Verlust - ein Schema wie es fast jeden Gablé-Roman auszeichnet. Dabei zentriert sich alles um Tugomir und sein Leben in der Gefangenschaft der Sachsen.
Ich finde das historische Setting gut - es bringt einem die Zeit um 900 n. Chr. nahe, die Glaubenskämpfe zwischen Christen und Heiden, die Sitten und Bräuche und Glaubensansichten der Letzteren. Wo wenige Jahrhunderte später das Christentum sich in seiner Aufspaltung untereinander bekämpft sind, sehen wir hier eben die Auseinandersetzung zwischen denen die an einen christlichen Gott glauben und denen die es eben nicht tun. Die Heiden sind die, die bekehrt werden müssen - was im Buch auch eine ganz große Rolle spielt. Die christlichen Figuren schwanken dabei zwischen intoleranten Glaubenskämpfern und Figuren wie Otto, die zwiegespalten sind wie sie mit dem Heidnischen umgehen. Am Beispiel von Tugomir wird gezeigt wie die Christen und vor allem ihre royalen Vertreter immer wieder von ihm als gelehrtem Heiden und seinen medizinischen Kenntnissen profitieren. Er ist der Heiler schlechthin und als Person sicher am Interessantesten - wie es sich eben für einen Protagonisten gehört. Das Christentum ist für ihn zunächst eine lächerliche Religion, die die heidnischen Stämmen ausrottet. Außerdem sind die biblischen Geschichten für ihn absurd. Tugomir wartet darauf dass ihm der christliche Gott - sofern es ihn denn gibt - beweist, dass er allmächtig ist...
Die Story an sich und die erzählte Handlung im Ganzen - nun ja, ich finde sie sehr durchwachsen. Starke Charaktere, ja, die schafft Frau Gablé auch dieses Mal. Tugomir und Otto sind zwei Figuren, die ihre Stärken und Schwächen haben und dennoch etwas besonderes sind. Auch Personen wie Dragomira und Thankmar, Wilhelm und Editha etc. pp. sind von ihren Persönlichkeiten her spannend - keine Frage!
Die Bösewichte Gero und Henning (einer der Brüder Ottos) sind durch und durch böse - und das kommt in der Handlung auch immer wieder zum Vorschein. Meines Erachtens hat Frau Gablé hier etwas zu viel Gewalt ins Spiel gebracht - aber das ist Geschmacksache.
Im Großen und Ganzen ist die Geschichte an sich meiner Meinung nach etwas zu schwach um die Länge des Buches zu tragen. Ich hatte bei nur wenigen Passen das Gefühl dass die Story mich fesselt. Teilweise ist es mir schwer gefallen dran zu bleiben, obwohl ich wie gesagt das Personal des Romans spannend fand und auch den historischen Hintergrund. Zum Schluss nimmt die Geschichte dann noch einmal etwas an Fahrt auf - aber wie gesagt, es ist schwer über den sehr langen und nur mäßig spannenden Mittelteil zu kommen.
Dass Rebecca Gablé hier wieder mal einen perfekt recherchierten und gut erzählten historischen Roman abgeliefert hat ist ununmstitten, allerdings rechtfertigt sich hier die Länge von 864 Seiten angesichts der nicht richtig ausgewogenen Story nicht wirklich.

Vielen Dank an den Bastei Lübbe-Verlag und "Was liest du?" für Leseexemplar und Leserunde!

Meine Ausgabe:

Verlag: Bastei Lübbe
Erscheinungsjahr: 2013
Seiten:  864
ISBN: 978-3-431-03883-5

Montag, 11. November 2013

[Teeecke] Cuppabox Oktober 2013

Ich hatte ausführlich Gelegenheit die Cuppabox Oktober 2013 zu testen und hier ist mein Eindruck.
Es handelte sich dieses mal um eine ganz besondere Box, nämlich die "Birthday Edition". 1 Jahr Cuppabox! Da gratuliere ich mal ganz herzlich - der Text auf dem beigelgten Zettel lässt ja für die Zukunft der Box viel Gutes ahnen:


Wie ihr seht gab es zur Feier des Ereignisses gleich 5 unterschiedliche, bereits vertreten gewesene Marken, die ihren Tee beigesteuert haben. Somit gab es für jeden Abonnenten Tees von drei verschiedenen Marken. Bei mir war es so und bei allen anderen, deren Berichte ich gelesen habe auch.

Meine drei Tees:

"China Kuchika" von EdelTee




"Ein China Kukicha nach original japanischer Machart. Hauptbestandteil dieser Grüntee-Spezialität sind die Blattrippen, die im Zuge ihrer Verarbeitung einen frischen und duftigen Tee im Aufguss ergeben. In jeder Beziehung empfehlenswert, heiß oder auch kalt genossen. Geringer Koffeingehalt."

Mein Eindruck: sehr sanft, fast mild, leicht grasig, eine gelbgrüne helle Tasse, lecker und süffig. Eine gute Alternative zu Wasser - was nicht abwertend gemeint ist ;-) - kann man wirklich den ganzen Tag über trinken. Mir hat er sehr geschmeckt, ich werde öfter auf Kuchika zurückgreifen, wenn ich einen einfachen grünen Tee mit wenig Koffeingehalt möchte.

"Weißer Tee Feine Guave" von Nibelungentee




"Die ganz besondere Note bekommt der Weiße Tee schon bei der Ernte verliehen, wobei nur die jüngsten Blätter verwendet werden. Dadurch entsteht ein sehr zarter und duftiger Geschmack. Über viele Jahrhunderte hinweg war der Weiße Tee der chinesischen Elite vorbehalten. Heute dürfen alle in den Genuss dieser edlen Tee-Sorte kommen.
Durch die Guave, mit ihrem süß-säuerlichen Geschmack, erlangt dieser Tee einen herrlich exotischen Duft, was sich natürlich auch ganz genau so auf den Geschmack auswirkt. Unterstützt wird diese exotische Note durch das Lemongras, dessen ätherische Öle sich wunderbar in den Geschmack des Weißen Tees einfügen. Abgerundet wird dieses phantastische Geschmackserlebnis durch die enthaltenen süßen Erdbeerscheiben."

Zutaten: Weißer Tee (83 %), Guavenstücke (5 %) (Guave, Zucker), Aromen, Lemongras, Sonnenblumenblüten, Erdbeerscheiben, Rosenblütenblätter.

Ich bin ja schon seit der August-Box ein Fan der Marke "Nibelungentee" und habe mich sehr gefreut dass sie wieder bei meiner Auswahl dabei war. Auch dieser Tee hat mich richtig begeistern können. Ein grüner Tee mit Guave - klingt exitisch und ist auch so. Man hat das Gefühl sich etwas besonderes zu gönnen, allein wenn man schon die großen grünen Teeblätter anschaut. Er riecht nach Erdbeere mit einer säuerlichen Komponente (die Guave) - auch im aufgebrühten Tee schmeckt man das Fruchtige! Wieder mal ein sehr empfehlenswerter Tee der tollen Marke "Nibelungentee"!

"Oolong Pink Beauty" von Teeland

 

"Natürlich aromatisierte, geschmacklich und optisch perfekt abgestimmte Oolong-Komposition mit beerigem, frisch-fruchtigem Zitrusgeschmack an würzig-süßem Vanille-Zimt-Bouquet, eingebettet zwischen zarten Rosen- und Teeblüten."

Dieser Tee haut einen einfach um! Ich würde sagen ein absolut sinnliches Geschmackserlebnis! Absolut fruchtig, blumig, zimtig - alles in einem, kombiniert zu einem Bouquet, das man so schnell nicht mehr vergisst. Dann das Aussehen dieses Tees - absolut ansprechend, wunderschön - mein Favorit aus dieser Box, den ich mir sicher nachbestellen werde. Laut Cuppabox auch der einzige Tee, der zum zweiten Mal in einer Box ist, weil er angeblich beim ersten Mal "zu kurz" kam. Hm, mysteriös, aber ich kann es nachvollziehen dass man diesen tollen Tee noch einmal vorgestellt hat!

Das "Goodie":

Orangenblüten Honig von R. Feldt

Ja, was soll man dazu sagen: ein leckerer Honig und eine gute Idee!

Meine Nachbestellung:

"Basischer Kräutertee" von Das Teehaus

"Eine andersartige und spannende Kräutermischung, die mit ihren Bestandteilen die Sinne überrascht. Ein wunderbarer Tee für Anfang Herbst."

Zutaten:  Rooibos, Orangenschalen, Eisenkraut, Karottenstücken, Brennesselblättern, Anis, Fenchel, Kümmel, Grüntee China Sencha, Spinatflocken, Schlehdornblüten, Rote Beetestücke, Magnesiumcarbonat

Ein Kräutertee? Ja, eigentlich habe ich Kräutertee nicht in meiner Auswahl, was aber nicht heißt dass ich keinen trinke. Gerade wenn es draußen kälter wird und abends greife ich ganz gern mal zum kräutrigen Aufguss. Leider ist der Kräutertee ja ein bisschen in Verruf geraten bzw. man hat vor allem in Kräutertee PA (ein giftiges Pflanzenschutzmittel) gefunden, was natürlich schlimm ist. Leider sind die Teemarken noch nicht so weit dass sie standardmäßig auf PA prüfen,d.h. es wird empfohlen wenig Kräutertee zu trinken bzw. nicht ausschließlich Kräutertee und vor allem nicht immer die gleiche Marke/Sorte. Ich beherzige das und hoffe mal, dass es sich bald klärt und man wieder ohne Hemmungen jeden Tee trinken kann.

Den "Basischen Kräutertee" fand ich aufgrund seiner außergewöhnlichen Zutatenliste sehr interessant, auch Grüner Tee und Rooibos sind enthalten. Er schmeckt sehr gesund, das Magnesium schmecke ich raus und auch den Spinat, wie ich mir einbilde. Ein leckerer Tee, mal was anderes.

Fazit: ich bin sehr zufrieden mit der Birthday-Box. Eine tolle Auswahl mit ausnahmslos tollen Tees! Weiter so Cuppabox und "Happy Birthday!"

Montag, 4. November 2013

Helen Fielding: "Bridget Jones - Mad about the Boy" (= Bridget Jones 3)

[Wer nichts über den Inhalt des neuen Bridget-Jones-Romans erfahren möchte sollte jetzt nicht weiterlesen - leider nicht ohne major Spoiler!]
Sie ist wieder da! Endlich! Die Mutter aller Chicklit-Heldinnen, die Patronin aller Thirtysomething-Singlefrauen, die auf der Suche nach Mr. Right, dem perfekten Job und dem besten Weg schlank zu werden - bei gleichzeitiger Konsummation von 5460 Kalorien täglich - ist, die sympathische Jedermännin, mit der wir gern das ein oder andere Weinchen auf ihrer Couch trinken und dabei "Pride & Prejudice" mit Colin Firth im nassen Hemd gucken möchten, mit der wir zwar Feminismus predigen, im Endeffekt aber mit den gemeinsamen FreundInnen über Männer diskutieren wollen und uns fragen warum sie so oder so reagieren - Bridget Jones is back!
Sie ist angekommen - zusammen mit dem Leser/der Leserin in den Jahren 2012/2013 - sie ist ihm sogar voraus, denn das Buch, erschienen im Oktober 2013, endet in der Weihnachtszeit 2013. Eine SciFi-Bridget also? Nun ja, anders und gereifter ist sie schon als wir sie im Jahr 1997 verlassen haben (Lesejahr 2004) - sie ist nicht mehr Single mit On-and-Off-Beziehung zu Mr. Darcy und/oder dem chauvinistischen, aber doch irgendwie liebenswerten (auf seine Art) Daniel Cleaver - sie ist jetzt Mrs. Bridget Darcy.
Leider mit negativem Beigeschmack denn - und jetzt wirklich nicht weiterlesen wenn kein Spoiler gewünscht bzw. wenn nicht schon gelesen .... - sie ist.. Witwe... Ja, der wirklich mit Abstand tollste Mann der Welt hat Bridget geheiratet und sie lebten happily ever after - bis, ja bis zu einem tragischen Tag im Jahr 2008. War es Darcys  kosmopolitisch anspruchsvoller Berufs als Menschenrechtsanwalt, der ihm letztlich zum Verhängnis wurde? Warum nur, warum? Das ist ziemlich hm...eine Bridget ohne Darcy? Das ist ja wie Romeo ohne Julia, wie Susi ohne Strolch! Als ich - auch leider im Vorfeld gespoilert - gehört habe was die Autorin Helen Fielding sich für den dritten Teil da ausgedacht hat habe ich sehr viel meiner euphorischen Einstellung (juhuu, endlich ein dritter Teil!) einbüßen müssen. In der Tat ist Darcy im ganzen Buch über unterschwellig präsent - vor allem in ihrem Sohn Billy erkennt Bridget Züge ihrer verstorbenen großen Liebe wieder. Ja, Bridget ist Mutter, mit 51 alleinerziehend mit 2 kleinen Kindern, anscheinend wurde sie erst mit 40+ schwanger.
Wie gern hätte man das erlebt - die chaotische Bridget, geerdet als Mutter und doch unverkennbar sie selbst, eine Kleinfamilie mit Darcy, pure bliss...
Leider hat sich Frau Fielding anders entschieden - wahrscheinlich auch in Hinblick auf den potentiellen Film, denn Colin Firth und Hugh Grant alias Darcy und Cleaver sind beide um die 50, wobei Ersterer ja wenn nur in Rückblicken erzählt werden würde und Cleaver im neuen Roman eine, wenn auch sehr witzige, Nebenrolle spielt. René Zellwegger ist Mitte 40, hätte also die Rolle einer Bridget mit Anfang 40 perfekt spielen können (was die ziemlich Gesichtsverändernde OP betrifft bin ich mir da jetzt aber nicht mehr so sicher).
Die alten Freunde von Bridget sind zum Teil noch da, der schwule Tom und die Karrierefrau Jude, nur Sharon alias Shazzer ist aus dem Blickfeld nach LA verschwunden. Dann gibt es noch die mondäne Talitha (60, das darf aber keiner wissen) und die freigeistige Rebecca von nebenan, mit der sich Bridget anfreundet. Auch in familärer Hinsicht ist ein Person den Weg alles Irdischen gegangen. Bridget ist also eine Frau, die einiges hinter sich hat und dennoch mit 51 immer noch albern, verantwortlungslos und chaotisch agiert. Passt das zusammen? Ich sage ja, denn was wäre Bridget ohne ihren Charakter - wo wir doch schon auf ihren ultimativen "love interest" verzichten müssen? Es ist eine Bridget 2.0 mit allen Möglichkeiten des digitalen Zeitalters, die wir da serviert bekommen. Auch ungesunde Ernährung (sie isst gerne Reibekäse), der Widerstand des hinfälliger werdenden Körpers und der Wunsch nach "endlich wieder einem Mann" dürfen da nicht fehlen. Bridget dated und sie wird fündig - allerdings ist der neue ein "Toy Boy", 20 Jahre jünger und verdammt toll, wäre da nicht der Altersunterschied...
Und wären da nicht ihr Job (wirklich arbeiten muss sie aufgrund des Erbes nicht mehr) als Drehbuchautorin inklusive den immerwährenden Versuchen das Stück "Hedda Gab(b)ler" in ein modernes Setting zu pressen, die "Freuden" einer Mutter von Schulkindern, sprich: Elternabende, Veranstaltungen aller Art und Auseinandersetzungen mit Lehrern, wobei ein gewisser Lehrer schon ziemlich penetrant ist...und natürlich ihre alte Liebe und verhängnisvolle Affäre Daniel Cleaver - älter, abgebrannter aber noch immer der liebenswerte Chauvi von damals. Ich muss sagen seine Szenen haben bei mir die meisten Lacher verursacht - dass Bridget ihn als Babysitter einsetzt ist natürlich höchst fahrlässig, die selbstironische Beschreibung wie ein Babysitterabend mit ihm ablaufen könnte ist genial - das hat das Buch fast gerettet für mich!
Was soll ich sagen: ich bin einerseits sehr dankbar dafür, dass es überhaupt einen neuen Bridget Jones Roman gibt und die vielen Mängel, einem Zuviel an Fäkalhumor, in das sich Fielding meiner Meinung nach flüchtet, sonstige Schwächen in der Erzählung und Plotentscheidungen, die mir nicht gefallen haben, nehme ich dafür in Kauf. Lieber eine schlechtere Bridget als keine Bridget...allerdings und andererseits: es hätte so schön werden können...

Herzlichen Dank an die Lovelybooks-Leserunde und Vintage Books für das Exemplar!

Meine Ausgabe:
Verlag: Vintage Books
Seiten: 390
Erstausgabe: 2013
ISBN: 978-0-224-09810-6