Freitag, 28. September 2012

"Zu zweit tut das Herz nur halb so weh" von Julie Kibler


Julie Kiblers Roman „Zu zweit tut das Herz nur halb so weh“ hat einen langen und weitaus sentimentaler anmutenden Titel als das amerikanische Original „Calling me home“, das laut deutschem Verlag erst im nächsten Jahr erscheinen soll. Gut dass ich mich nicht habe abschrecken lassen von dem Titel, denn obwohl die Handlung streckenweise sehr traurig ist kann man kaum von Sentimentalität sprechen, eher von einer stoischen Haltung gegenüber dem Schicksals das einem in diesem Leben auferlegt ist und von Akzeptanz, zu der Isabelle, die Hauptfigur, im Laufe ihres Lebens gelangt ist. Sie kämpft nicht mehr, sie lässt sich nur noch treiben vom Leben und löst Kreuzworträtsel – und das in dem Auto, das ihre Freundin Dorrie für sie steuert.
Dorrie ist eine 36jährige Friseurin im Bundesstaat Texas, dunkelhäutig und Mutter von zwei Kindern, vom Exmann getrennt und hoffend dem neuen Mann in ihrem Leben, Teague, vertrauen zu können. Die neunzigjährige Miss Isabelle ist eine treue Stammkundin von Dorrie, die sie bei ihr zu Hause jeden Montag frisiert. Miss Isabelle bittet Dorrie eines Tages sie zu einer Beerdingung nach Cincinnati zu fahren – Dorrie kommt diesem Wunsch nach.
Die Erzählhandlung läuft auf zwei Ebenen ab. Zum einen schildert Dorrie in der Ich-Perspektive die gegenwärtige Handlung, die aus der Reise mit Isabelle nach Cincinnati besteht. Auf dieser Ebene erfahren wir viel über Dorries Leben und Einstellungen und auch, wie die alte Isabelle heute ist: eine alte Dame die kein Blatt vor den Mund nimmt. Ihre Vergangenheit wird von ihr selbst erzählt: ihre Kindheit in Kentucky, aus einer Ärztefamilie stammend, die seit Generationen die von Sklaven abstammende Familie Prewitt als Bedienstete angestellt hat. Als Isabelle 17 ist verliebt sie sich in den ein Jahr älteren Sohn der Prewitts, Robert. Der wird von ihrem Vater in seinem Wunsch Arzt zu werden gefördert. Als auch er sich in Isabelle verliebt wird dem Leser schnell klar wie sehr Rassismus und Vorurteile im Amerika der 1940er Jahre an der Tagesordnung sind.
Das Buch ist ein Plädoyer für Toleranz indem es zeigt wie zerstörerisch Intoleranz sein kann. Es ist erschreckend wie das Südstaatenamerika in seinem rassistischen Denken bis weit ins 20. Jahrhundert verhaftet war. Die Geschichte von Isabelle und Robert geht ans Herz, auch wenn wir den jungen Mann nur durch den Filter von Isabelle geschildert bekommen. Gelegentlich hätte es mich interessiert noch mehr von seinen Gedanken und Gefühlen angesichts der verfahrenen Situation zu erfahren. Die Gegenwartsgeschichte mit den zwei Frauen, die starke Thematisierung von weiblichen Rollenbildern und die Tatsache, dass die Männer nur durch den weiblichen Blick gespiegelt werden machen diesen Roman zu einem „Frauenbuch“, wenn man das so pauschal denn sagen kann. Isabelle ist eine Frau mit emanzipativen und fortschrittlichen Gedanken in einer Zeit, die von patriarchaler Unterdrückung und der unüberwindbaren Mauer zwischen Menschen von heller und dunkler Hautfarbe geprägt ist. Indem sie gegen diese Barriere aufbegehrt benimmt sie sich also in zweifacher Hinsicht besonders. Traurig ist, dass die Zeit damals noch nicht reif war für diese Liebe, die den gesellschaftlichen Konventionen weitgehend widersprach. Demnach ist dies ein trauriges Buch, das rückblickend auch etwas sehr konstruiert wirkt. Ich habe es dennoch sehr gerne und sehr schnell gelesen. Die Erzählweise ist erstaunlich leichtfüßig – anders als ich es bei diesem doch eher schweren Thema erwartet hätte. Die Kraft und schonungslose Ehrlichkeit der neunzigjährigen Isabelle wirkt von Anfang an entwaffnend, so dass man zuweilen vergisst wie viel Schmerzen ihr in ihrem Leben zugefügt wurden.
Ein traurigschönes Buch, das sicher einige „unglaubwürdige“ Wendungen hat. Dennoch auf jeden Fall lesenswert vor allem für jene Leser und Leserinnen, die traurige Liebesgeschichten mögen. Manchmal war es für meinen Geschmack allerdings schon fast zu traurig und nihilistisch. Wenigsten ein kleines happy ending hätte ich mir gewünscht, aber wahrscheinlich hätte es nicht gepasst.
Ich danke Lovelybooks für die Leserunde und das Rezensionsexemplar, sowie dem Pendo-Verlag.

Meine Ausgabe:
Originaltitel: Calling me home
Verlag: Pendo
Erscheinungsjahr der Ausgabe: 2012
Erstausgabe: 2012 (Original erscheint erst 2013!)
Seiten: 320
ISBN:  3866123256

Mittwoch, 26. September 2012

Mein zweiter "Award"-herzlichen Dank an "Thebookpassion"

Etwas verschämt muss ich gestehen dass ich den wundervollen Award von "Thebookpassion" erst heute, fast zwei Wochen nach der Verleihung gesehen habe (vor lauter Büchern kommt man nicht mehr dazu seinen eigenen Blog zu lesen ;)). Umso mehr entzückt mich diese Auszeichnung natürlich und ich sage: danke, danke, danke :) Es freut mich immer sehr wenn ich neue Leser habe die meinen Blog zu schätzen wissen.


Die Regeln für die Annahme und Weitergabe des Awards lauten wie folgt:


- Postet den Award auf eurem Blog
-Verlinkt den Nominator als kleines Dankeschön
- Gebt ihn an 5 Blogger weiter
- Der Blog darf nicht mehr als 200 Leser haben
- Schreibe diese Regeln auch auf deinem Blog 

An folgende Blogs möchte ich meinen Award weitergeben (in der Hoffnung dass sie ihn noch nicht haben ;)):


Sonntag, 23. September 2012

"Die Hurenkönigin" von Ursula Neeb




Ursula Neeb hat die Doppelbegabung, die Autoren von historischen Romanen zwingend benötigen damit ihre Romanstoffe lebendig werden und nicht zur drögen Geschichtsvorlesung oder zum unglaubwürdigen Spektakel verkommen: sie kann schreiben und sie kann recherchieren. Beide Talente führen in Vereinigung dazu, dass der Leser eine unterhaltsame, kurzweilige Lektüre erlebt und gleichzeitig faktisch etwas lernt.
Im Fall der „Hurenkönigin“ lernt der Leser vor allem etwas über den Umgang mit Prostitution im Frankfurt des frühen 16. Jahrhunderts. Es gibt eine Gildemeisterin der Huren, im Buch ist es Ursel Zimmer, die „Hurenkönigin“. Ihr untersteht das „Frauenhaus“, was in der damaligen Zeit nichts anderes als „Bordell“ bedeutete. Die Prostitution wurde als notwendiges Übel geduldet, gleichzeitig waren die Huren aber gesellschaftlich nicht anerkannt und mussten unter den „anständigen“ Leuten ein gelbes Schandgewand tragen. Bigotterie ist ein großes Thema dieses Buches, in dem es viel um falsche Vorstellungen von Moral und eine pervertierte Religiosität geht. Viel mehr will ich über die Handlung nicht verraten als: Ursel Zimmer, die zum Zeitpunkt der Handlung im Sommer 1511 seit 14 Jahren selbst keine „Hübscherin“ mehr ist, aber dem Hurenhaus als Ansprechpartnerin, Freundin und Arbeitsgeberin der Frauen vorsteht, bittet ihre Hure Rosi den letzten Freier des Tages noch anzunehmen bevor sie die verdiente Nachtruhe antritt. Rosi willigt ein – kurze Zeit später wird sie tot und verstümmelt aufgefunden. Die Zimmerin ist untröstlich und muss sich trotz dem Halt, den sie durch ihren Lebenspartner, den Privatgelehrten Bernhard von Wanebach und die anderen Huren erfährt mit der Wahrheit konfrontieren: ein verrückter Mörder bedroht die Frauen. Als noch andere Mädchen verschwinden und die „Lustseuche“ in Frankfurt umgreift steht ihr Etablissement vor dem Aus. Sie will den Mörder um jeden Preis finden.
Die Handlung ist kurzweilig und unterhaltsam, geht aber manchmal sehr an die Schmerzgrenze was Grausamkeit betrifft. Eigentlich nichts für mich, aber hier hat es hineingepasst und man hatte teilweise beim Lesen das Gefühl einen Film vor sich ablaufen zusehen. Die Handlung ist also sehr dramatisch angelegt. Auch der Vorgängerroman von Ursula Neeb, „Die Totenmagd“ kommt im Buch zur Sprache, leider wird ein bisschen zu sehr auf den Ausgang der Handlung von diesem Buch eingegangen, was für alle Leser die es noch nicht kennen natürlich schlecht ist. „Die Hurenkönigin“ und „Die Totenmagd“ spielen also chronologisch nacheinander im selben fiktionalen Universum.
Die Charakterzeichnung der Figuren fand ich sehr ansprechend: Ursel Zimmer ist einem durch ihre aufgeklärte, bodenständige und freundliche Art durchweg sympathisch, durch ihre Schwächen wird sie dreidimensional und menschlich. Die Widersacher und Täter werden durchweg durchtrieben dargestellt, was natürlich auch ins Bild passt.
Ursula Neeb ist eine sehr talentierte, bildgewaltige und realistisch erzählende Autorin, die ich sehr schätze und der ich es auch gerne mal verzeihe wenn die Handlung zu gruselige Züge annimmt.
Vielen Dank an den Ullstein-Verlag und vorablesen für das Rezensionsexemplar.


Meine Ausgabe:
 
Verlag: Ullstein
Erscheinungsjahr: 2012
Erstausgabe:2012
Seiten: 400
ISBN:  978-3-548-28376-0
 

Mittwoch, 19. September 2012

"Agatha Raisin and the Quiche of Death" (Band 1 der Reihe)



Dass ich was Krimis angeht ein „Softie“ bin ist ganz klar: ich meide alles was nach Blut und Psychopath aussieht, möchte aber dennoch auf den Genuss nicht verzichten, den einem ein ordentlicher Krimi bietet. Infolgedessen habe ich eine neue „Häkelkrimireihe“ für mich entdeckt, die diese Woche zufällig zwanzigjähriges Jubiläum feiert: „Agatha Raisin“ von M. C. Beaton, die Reihe ist mittlerweile bereits 22 Bücher stark (also hab ich noch viel nachzulesen).
Wie fast immer bei „cozy mysteries“ gibt es auch hier einen privaten Ermittler der mehr oder weniger mit der Polizei zusammenarbeitet. In diesem Fall ist es Agatha Raisin, erfolgreiche PR-Frau aus London, die mit Anfang Fünfzig in Frührente geht um in ein kleines Dörfchen namens Carsely in den mittelenglischen Cotswolds zu ziehen. Womit wir auch schon einen idyllischen überschaubaren Schauplatz hätten und eine ebenso überschaubare Zahl von Verdächtigen, was ja auch zu einem solchen klassischen Krimi dazugehört.
In diesem Band 1 erafahren wir viel über Agathas Vorgeschichte und ihre Motive aufs Land zu ziehen: sie will ein ruhiges, gemütliches Leben führen und nicht mehr dem Gehetze und Stress der Großstadt und des Fulltimejobs ausgesetzt sein. Mit den besten Motiven bezieht sie ihr neuerworbenes Cottage und macht es sich gemütlich, wobei sie bald feststellen muss dass sie die einheimischen Dorfbewohner meiden und ihr gegenüber nicht mehr als ein „schönes Wetter heute“ über die Lippen bringen. So isoliert hatte sie sich ihr Frührentnerinnendasein nicht vorgestellt, weshalb Agatha die Initiative ergreift und sich beim Quichewettbewerb in der örtlichen Schule anmeldet. Da gibt es nur ein Problem: sie kann weder kochen noch backen.
Die Handlung des ersten Bandes ist witzig, leicht skurril und gemächlich spannend. Es geschieht natürlich ein Mord und der Leser kann miträsteln wer von den überschaubaren Verdächtigen das stärkste Motiv gehabt haben könnte. Es werden Figuren eingeführt wie der Detective Bill Wong und Agathas neuer Nachbar James Lacey, die auch in den Folgebänden eine wichtige Rolle spielen werden. Natürlich ist auch eine Liebesgeschichte zwischen Agatha und einem der Herren nicht ausgeschlossen (wobei natürlich bis jetzt eine romantische Nebenhandlung nur angedeutet wird).
Ich kann nur sagen: ich habe diesen ersten Band gerne gelesen und mir schon die nächsten drei Bände ertauscht. M.C. Beaton (hier ein Link zu ihrer Website) ist eine tolle Autorin, ich gratuliere ihr zum zwanzigjährigen „Raisin“-Jubiläum und werde mir auch die anderen Krimireihen (Hamish Macbeth, Edwardian Murder Mysteries etc.) mal anschauen.
 

Meine Ausgabe:
Verlag: Constable & Robinson
Erscheinungsjahr der Ausgabe: 2010
Erstausgabe: 1992
Seiten: 310
ISBN: 9781849011341