„Ein Sommer am Chiemsee“ von
Johanna Nellon ist ein Bauernschwank – oder sollte ich vornehmer sagen: ein
Volksstück – in Prosaform. Wir haben eigentlich alle Zutaten die ein zünftiges
Mundartstück braucht (bis auf die Mundart und den Humor vielleicht): da wäre
zum einen die Hauptperson, gerne a Madl, also eine Frau, aus „dar Stodt“ (hier:
Köln) – das wäre im unserem Fall Hannah Scheifart. Diese Person flüchtet aufs
Land (hier: der Chiemsee, also das was drumherum und auch drin ist), weils in
„dar‘ Stodt“ eben nicht mehr so „lauft“ (Vermieter schmeißt sie aus ihrem
Blumenladen weil sie mit der Zahlung der Miete in Verzug ist etc.); zum
Personal gesellt sich nun der offensichtlich böse weil betrügerische Exfreund
hinzu (bei uns: Jo) – er erlaubt sich gar keine Grauzonen, er ist einfach:
fieeeeees – wir hätten dann die ehemals beste Freundin der Hauptperson (Nina),
die diese auch betrogen hat (mit dem Ex, damals noch Nicht-Ex); nun reist die
Hauptperson zu Verwandten aufs Land, weil sie von der „Stodt“ genug hat; diese
Verwandten sind meist Onkel und Tante, die eine Pension betreiben, eine
„Wirtschaft“ oder eine Landwirtschaft haben oder, wie in unserem Fall (die
moderne Variante) – der homosexuelle Cousin (Bastian), der einen Bootsverleih
am Chiemsee betreibt und mit seinem Freund, dem Tierarzt Ulli harmonisch vor
sich hinlebt ; Onkel und Tante (Bastian und sein Freund Ulli) führen eine
glückliche Beziehung; plötzlich taucht die Cousine auf und bleibt erst mal „für
ein paar Tage“ (aus denen natürlich Wochen werden); rausgeschmissen werden darf
sie nicht, weil sie ein durch die gemeinsamen Großeltern vererbtes „Wohnrecht“
im schönen Haus von Bastian besitzt, das diesem von ebendiesen Großeltern
hinterlassen wurde. Die „Städterin“ sorgt nun so allmählich für Turbulzen in
der Dorfgemeinschaft; sie sucht sich einen Job bei den Gasthausleuten (Walli
und Andreas; die sollen ein bisschen Pfeffer in die Story bringen), wobei der
Andreas der neuen Bedienung prompt schöne Augen macht (was der Walli nicht gut
bekommt); dann rettet die Hannah auch noch ein Kind aus dem See, das dem
reichen und gutaussehenden Gastronom Stefan (der Love-Interest bzw. „Retter“
der Hauptfigur) gehört; wer jetzt denkt das wär dann das Happy End, der weiß
nicht dass noch viele Missverständnisse, Verwechslungen, kleine Katastrophen,
Geheimnisse und Personen aus der Vergangenheit (ja, der Jo und die Nina aus Akt
1 tauchen nochmal auf) das glückliche Paar in Bedrängnis bringen werden bis
alle wieder glücklich und zufrieden (und natürlich in den adäquaten Paarungen)
am schönen Chiemsee leben dürfen.
Ja, die Handlung ist ziemlich,
nun ja, nennen wir es mal „vorhersehbar“. Aber das tut ja dem Fun normalerweise
keinen Abbruch. Es ist ja ein netter lieber Frauenroman, den wir da vor uns
haben und keine düstere Charakterstudie. Deswegen kann man von der „klugen“
(ja, so wird sie von ihrem Cousin und dessen Freund beschrieben) Hannah nun
wirklich nicht erwarten dass sie besonders dreidimensional und interessant
wäre. Sie sucht sicht halt immer die „falschen“ Männern, das arme Hascherl –
und das noch mit Neuunddreißig! Aber sie sieht halt (noch) so gut aus und
deswegen verfallen auch ihr die Männer reihenweise. Auch Stefan: er geht es ja
schon etwas schnell an, aber hey, so einen Gutshof mit Haushälterin am
Chiemsee… Nein, Hannah will selbstständig und unabhängig bleiben (klare
Rechnung, gute Freundschaft) und sich trotz der drohenden 40 im Gegensatz zu
ihrem Traum von „Lover“ Stefan nicht allzu schnell festlegen…
Ich sag mal so: das Buch ist nur
unfreiwillig komisch und neigt zum „Drama, Baby“. Es ist nicht sonderlich
anspruchsvoll geschrieben und ich habe es infolgedessen recht schnell
durchgelesen, weil ich natürlich wissen wollte in welches Fettnäpfchen Hannah
als nächstes tritt. Dem Buch hätte die ein oder andere beabsichtigt humorvolle
Stelle sicher gutgetan. So wirkt es sehr gestelzt und mit dramatischen
Situationen übervoll und deswegen wie eine schlechte Soap.
Dieser Roman ist also tatsächlich
wie ein zünftiger Bauernschwank: oberflächlich, offensichtlich, unfassbar
vorhersehbar und „wie kann sie/er nur so dumm sein“-komisch!
A light read for a heavy day!
Meine Ausgabe:
Verlag: Ullstein
Erscheinungsjahr: 2013
Erstausgabe: 2013
Seiten: 265
ISBN: 9783548285580